Diese kommunale AOC grenzt im Norden an Pauillac und im Süden an die AOC Haut-Médoc. Zwei klassifizierte Güter stehen an der Spitze der weinbaulichen Hierarchie: die beiden „Super Seconds“ Château Léoville-las-Cases und Château Ducru Beaucaillou. Während Léoville-las-Cases (dessen Weinberg direkt an jenen von Château Latour grenzt) einen besonders langlebigen, stoffigen Wein erzeugt, der mit seinem kraftvollen Tannin die Nähe Pauillacs anklingen lässt, ist Ducru Beaucaillou für seinen besonders samtenen, harmonischen Stil bekannt. Der Boden in Saint-Julien ist allerorten Kies und unterscheidet sich nur in Nuancen von demjenigen der nördlichen Nachbargemeinde.
Fast ein Dutzend weiterer Châteaux bringt ausgezeichnete Weine hervor, allen voran die beiden anderen „Léoville“-Güter: Léoville Barton und Léoville Poyferré. Aber auch die Châteaux Gruaud Larose, Langoa Barton, Saint-Pierre, Branaire Ducru, Lagrange, Talbot und Beychevelle gehören zu denjenigen Bordeaux-Weinen, die bei Kennern und Connoisseuren in hohem Ansehen stehen. Dass die Appellation Saint-Julien insgesamt den Ruf besonderer qualitativer Zuverläßigkeit besitzt, dürfte mit der Größe der hier vorhandenen Betriebe zu tun haben. Auf die elf klassifizierten Châteaux entfallen 80 Prozent der Anbaufläche der AOC. Es gibt fast keine petits Châteaux oder Crus bourgeois in Saint-Julien – dafür mit Château Gloria ein Weingut, das als Cru classé ehrenhalber gelten kann.
Der frühere Bürgermeister Saint-Juliens, Henri Martin, hatte Gloria nach dem zweiten Weltkrieg gegründet und Parzelle um Parzelle um klassifiziertes Land erweitert. Da Gloria im Jahr 1855 bei der Klassifikation des Médoc jedoch noch nicht exisitierte, bleibt dem Château eine Klassifikation verwehrt, obwohl die Reben ausschließlich auf klassifiziertem Gelände stehen. Bemerkenswert ist in Saint-Julien auch die Vielzahl ausgezeichneter Zweitweine: Léoville-las-Cases produziert gleich zwei von ihnen: Der „Clos du Marquis“ wird aus alten Reben gekeltert, die landeinwärts wachsen – auf Parzellen, die alle Klassifikationsrang besitzen, aber nicht ganz die Qualität der mächtigsten Kieskuppen in Flussnähe aufweisen. Der „Petit Lion“ aus jüngeren Rebanlagen kam erst in den letzten Jahren hinzu – doch auch dieser Wein zeigt seine Herkunft auf ausgezeichnetem Niveau. Auch der Zweitwein von Ducru Beaucaillou spielt in der Bordeaux-Oberliga mit. Um das zu unterstreichen, schmückt den „Croix de Beaucaillou“ seit 2009 ein Künstleretikett, das Jade Jagger – die Tochter von Mick Jagger – entworfen hat. Ausgezeichnet im Preis-Leistungs-Verhältnis (aber schwer zu finden) ist überdies die „Réserve de Léoville Barton“ – der Zweitwein, den Anthony Barton und seine Tochter Lilian auf ihrem Anteil des Léoville-Besitzes erzeugen.
