„Die Straßen Wiens sind mit Kultur gepflastert. Die Straßen anderer Städte mit Asphalt.“ (Karl Kraus, Aphorismen, 1936)
Wien, die Hauptstadt der Republik Österreich, liegt am Fuß des Wienerwaldes an der bis zu 285 Meter breiten Donau. Es sind die historischen und kulturellen Sehenswürdigkeiten, die zahlreichen Events und internationalen Kongresse, die die Stadt „an der schönen blauen Donau“ - der Spruch war einst auf die Alte Donau gemünzt – zu einem der meistbesuchten Metropolen der Welt haben werden lassen.
Der Wiener Weinbau ist vermutlich so alt wie die Stadt selbst. Bereits in der keltischen Siedlung „Vedunia“ und später im römischen Feldlager „Vindobona“ gab es Rebkultur. Die ältesten Wiener Weingärten sind ab 1132 nachweisbar, und im späten Mittelalter waren in allen Stadtteilen Weinberge angelegt. Die Grundlage für die heutige Heurigenkultur schuf 1784 Kaiser Josef II., der den Weinbauern erlaubte, Lebensmittel aus eigener Erzeugung gemeinsam mit dem eigenen Wein zu verkaufen. Die zunehmende Ausdehnung der Stadt verdrängte zwar viele Weingärten, allerdings konnte dieser Prozess durch die Rekultivierung von Rebflächen verlangsamt werden.
Vorwiegend auf Schotter, Schiefer, Löss und Lehm findet der Weinbau auf rund 610 Hektar Rebfläche statt. Der Grüne Veltliner ist die traditionreiche Hauptrebe des Gebietes. Chardonnay, Weißburgunder und Riesling ergänzen den Rebspiegel. Rote Sorten wie Zweigelt und Cabernet Sauvignon sind rar, aber eine Bereicherung.
Heute gibt es rund 300 Weinbauern und 150 rustikale Buschenschanken. Somit ist Wien die einzige Weltstadt, die sich rühmen darf, einen bedeutenden Weinbau in ihren Grenzen zu haben. Lediglich Paris konnte dies einmal auch von sich behaupten.
Der Wein ist in Wien seit Jahrhunderten fest verwurzelt. Ein Großteil des Anbaus dient rechts und links der Donau der Herstellung des berühmten Heurigen. Der „Heurige“ ist der unkomplizierte Jungwein des jeweils aktuellen Jahres, der meist von der Traubensorte Grüner Veltliner stammt. Wein in Wien ist eben Heuriger – aber nicht nur. In den Top-Lagen der beliebten Heurigenorte Grinzing und Neustift keltert man auch mineralische Rieslinge, feinfruchtige Weißburgunder und Grüne Veltliner von ausgeprägter Finesse. In Stammersdorf und Strebersdorf gelingen wuchtige Chardonnays und konzentrierte Rotweine.
Die bekanntesten Stadtviertel mit Weinbau sind Grinzing, Heiligenstadt, Sievering, Nussdorf und Neustift am Walde. Diese Orte liegen alle im Bereich des Nussbergs und Kahlenbergs. Die Weine vom Bisamberg werden in Stammersdorf, Strebersdorf und Jedlersdorf gekeltert, im Süden Wiens liegen die Weinorte Oberlaa und Mauer.
Den Wein trinkt man am liebsten in den weinlaubumrankten Höfen, den sogenannten Buschen-schanken, die meist am Stadtrand liegen. Etwa die Hälfte von ihnen tragen das kontrollierte Qualitätszeichen „Der Wiener Heurige“. In den Buschenschanken kann man bei Speis und Trank das Vergnügen der Großstadt mit dem Weingenuss verbinden.
Die Wiener Küche wurde dabei durch Gerichte aus Ungarn, Italien, Frankreich und später auch durch Speisen aus den Alpen bereichert. So reicht die Palette der Speisen vor allem aus Rindfleisch von gesottenem Tafelspitz über den Rostbraten bis hin zum Rinds-und Kalbsgylas und dem berühmten Wiener Schnitzel. In der Rubrik Fische bringt die Speisekarte gebackenen Karpfen, Fogosch am Rost mit Sauce tartare und „blaugesottene“ Forellen auf den Tisch. Vom Geflügel ist das Backhendl ein alter Bestandteil der Wiener Küche. Bekannt sind ebenfalls die Mehlspeisen wie Apfel-, Millirahm und Topfenstrudel sowie der „Schmarrn“. Neben den berühmten Restaurants wie das „Sacher“ wurde das Wiener Kaffeehaus zum Schauplatz des gesellschaftlichen Lebens.
Erst im letzten Jahrzehnt ist es dem Wiener Wein gelungen, das reine Image als Heurigenwein beiseite zulegen. Dadurch gelang der Sprung auf die Weinkarten der gehobenen Restaurants. Eng verbunden damit ist dieser Erfolg mit der neuen Interpretation des Paradeweins der Stadt durch die Spitzen-Winzer Wiens. Seitdem zählt der „Gemischte Satz“ aus Wien zu den auch international anerkannten Gewächsen Österreichs.