Nur selten hat ein Fluss das Schicksal einer Region so grundlegend geprägt wie in Nieder-österreich. An der Donau haben sich die politischen und kulturellen Strömungen Europas getroffen und gegenseitig bereichert. Die fruchtbare Donauebene war sowohl Lebensader als auch wichtiger Schifffahrtsweg in der Mitte des Kontinents. Nördlich der Donau siedelten germanische Klein-stämme, im Süden in den römischen Provinzen Vindobona (Wien) und Pannonia (Carnuntum) produzierte man bereits 15 v. Chr. Wein. Hierfür gibt es zahlreiche Belege. In der Stadt Carnuntum förderten Archäologen sogar eine antike Weinpresse zutage.
Carnuntum? Vermutet man einen solchen Namen nicht in Süditalien? Das Geheimnis ist schnell gelüftet. Es ist der Name des römischen Hauptstützpunktes an der pannonischen Donaugrenze, dessen ausgedehnte Ausgrabungsfelder zwischen Petronell und Deutsch-Altenburg von der damaligen „Großstadt“ zeugen. Historiker schätzen die Einwohnerzahl der antiken Stadt auf 70.000 Einwohner.
Das Carnuntum ist als die östlichste Region Niederösterreichs eingezwängt zwischen Wien und der Donau im Norden sowie dem burgenländischen Anbaugebiet Neusiedlersee im Süden. Sie lag lange im Schatten seiner bekannteren Weinbaugebiete. Dieser Ruf hat sich in den letzten Jahren erheblich gewandelt. Dies verdanken wir vor allem einer neuen Generation von Winzern, die es vermochten, das klimatische und geologische Potential, insbesondere die kräftigen Böden und den Einfluss des Neusiedlersees, zu nutzen. Durch die kühlen Winde von den Donauauen fallen die Weine etwas würziger und frischer als im südlich gelegenen Burgenland aus. Die begehrten Weine haben Saft und Kraft, wie der Grüne Veltliner und die Burgundersorten, aber auch der traditionelle Gemischte Satz. Die Eintrittskarte in den Olymp des Weines waren aber die monumentalen Rotweine mit ihrer üppigen Frucht und den reifen Tanninen: Explosive Zweigelts, dunkelfruchtige Blaufränkische und füllige Cabernets. Moderne Weinbauzentren sind die Orte um Prellenkirchen, die sonnenreichen Südhänge des Spitzerberges bei Hainburg sowie die Region um Göttlesbrunn und Höflein. Die Kellergasse von Prellenkirchen, ein Weinbaumuseum und ein Weinlehrpfad spannen anschaulich den Bogen zwischen Tradition und Gegenwart.
Sand, Lehm, Schotter und Löss sind die vorherrschenden Böden auf den derzeit 910 Hektar. Der Neusiedlersee ist verantwortlich für das Klima im Carnuntum, dient er doch als Lichtreflektor wie auch als Wärmespeicher. Apropos Wärme: Ganz so heiß wie am See selbst wird es in Carnuntum dann doch nicht, und etwas kühler und knackiger wirken auch die Weine der Region. Und Carnuntum wäre nicht Niederösterreich, gäbe es nicht auch herrliche Veltliner, Rieslinge, Chardonnays und Sauvignons.
Ausgezeichnet ist auch die strategische Ausrichtung der Region im Tourismus, einem wesentlichen Faktor für den Weinabsatz. Die Nähe der glanzvoll wiedererstandenen Marchfeldschlösser, der aktionsreiche Archäologiepark Carnuntum, der Nationalpark Donauauen und nicht zuletzt das Einzugsgebiet der slowakischen Hauptstadt Bratislava eröffnen zahlreiche Chancen, Besucher und Gäste mit den Vorzügen der Carnuntum-Weine vertraut zu machen.
Die Weinorte Göttlesbrunn, Höflein und Prellenkirchen, bekannt auch durch zahlreiche Buschen-schankbetriebe, waren von jeher Anziehungspunkte für Ausflügler, vor allem durch die Nähe zu Wien, außerdem nimmt die Gastronomie immer mehr Aufschwung. Und dort sind gebietstypische Weine die Nummer eins auf den Weinkarten, passen sie doch hervorragend zur regionalen Küche.