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Jahrgangsinformation 2006

Vorwort

Verkostung La Fayance

Der 2006er Bordeaux Jahrgang ist einer der heterogensten, den wir je vom Fass probieren konnten. Pauschale Aussagen, ob das Medoc oder die Weine des rechten Ufer zu favorisieren sind, können genauso wenig getroffen werden wie pauschale Empfehlungen für einzelne Appellationen. Einzige Ausnahme nach unseren Verkostungseindrücken war das Pomerol: Hier konnten wir eine für den Jahrgang relativ große Anzahl bemerkenswerter Weine verkosten - allen voran die Kollektion der Mouiex-Weine.

Dennoch liegen auch im Pomerol Licht und Schatten nah beieinander.

Der klimatische Verlauf des Jahrgangs war vor allem durch Regen im August und zum Zeitpunkt der Ernte geprägt. Die Blüte fand Ende Mai bei besten Bedingungen statt, und das weitere Wachstum der Reben in den Monaten Juni und Juli war für die meisten Güter durchaus zufrieden stellend. Der 2006er Juli geht sogar als der heißeste Juli seit 85 Jahren in die Geschichte ein.

Doch im August entschied sich Petrus dann für eine kleine Pause und bescherte den Winzern links und rechts der Gironde den kühlsten August seit 20 Jahren, dazu noch eine gehörige Portion Niederschlag. Dieser Niederschlag hatte meist die Form von lang anhaltendem Nieselregen, der die Winzer zum Kampf gegen Fäulnis und Pilzbefall auf den Plan rief.

Diesen Zeitpunkt könnte man als Scheidepunkt des Jahrgangs beschreiben, denn nur die Weingüter, die über tief greifende und komplexe Kenntnisse der einzelnen Parzellen verfügten und mit exzessiver und vor allem rigoroser Arbeit im Weinberg den Wetterkapriolen strotzten, konnten mit der richtigen Wahl des Erntezeitpunktes gute bis sehr gute Weine ernten.

Aufgrund der zu niedrigen Temperaturen und des Regens kam die Entwicklung der Trauben ins Stocken. Obwohl Säure, Zucker und Tanninwerte durchaus hoch einzustufen waren, fehlte den Weinen die Reife – ein solcher Wein verkostet sich dementsprechend mit harten Tanninen im Vordergrund und einer sehr geringen Fruchtunterlage dahinter.

In der ersten Septemberhälfte hatte Petrus dann Erbarmen mit den Winzern, und mangels Regen und durch hohe Temperaturen konnten die Trauben für die Reife jetzt noch sehr gut zulegen.

Ab dem 16. September setzten wieder Regenschauer ein, und die ersten Parzellen waren bereits geerntet bzw. kurz davor. Der früh reifende Merlot ist traditionell immer die erste Rebsorte die geerntet wird, so konnte gerade am rechten Ufer die Ernte noch zu einem großen Teil vor den Regenfällen eingebracht werden. So erläuterte man bei Moueix den Verlauf der Ernte – und chapeau, die Kollektion der Weine ist beeindruckend!

Auch wenn der mehrheitlich im Medoc angebaute Cabernet erst zwischen Ende September und Anfang Oktober gelesen wurde, gab es auch hier gute bis sehr gute Weine zu verkosten. Der Schlüssel zum Erfolg war neben dem Erntezeitpunkt einmal mehr die Arbeit im Weinberg.

Der Jahrgang lässt uns aus kommerzieller Sicht betrachtet allerdings die Stirn runzeln. Während diese Zeilen entstehen, ist die Primeurkampagne in vollen Zügen, und wir sehen meist nur ca. 20%ige Preisabschläge zum 2005er. Manche seriösen Weingüter wie Calon Segur z.B. positionieren sich genau in der Mitte zwischen dem 2004er und dem 2005er Preis.

So wie sich die Weine zum Zeitpunkt der Fassverkostungen präsentierten, hätten wir ein generelles Niveau wie das des 2004er Jahrgangs eher für angebracht gehalten. Denn der 2004er Jahrgang wurde zum Zeitpunkt der Subskription ebenfalls kritisch beäugt, hat bei der Arrivage dann aber deutlich an Qualität zugelegt und sich auch im Preis deutlich verteuert. Das ist der Grund warum es Sinn macht einen Wein im Fass zu kaufen und zwei Jahre auf die Auslieferung zu warten – der Wein ist dann deutlich teurer verfügbar, und Sie als Sammler sind für die Wartezeit entsprechend entlohnt worden.

Aber leider sind die Lager der Negociants in Bordeaux momentan relativ geräumt – so sind diese bereit, den Jahrgang zu kaufen. Was sie ohnehin tun müssen, um langfristig im Geschäft zu bleiben. Sie haben sowohl den 2004er wie 2005er Jahrgang sehr stark abverkauft, und es sind kaum mehr Mengen am Handelsplatz Bordeaux verfügbar.

Bei vielen Châteaubesitzern herrscht übrigens die Meinung, den 2004er Jahrgang zu günstig verkauft zu haben, und angestachelt durch den preislichen Exzess des 2005er Jahrgangs besteht die Gefahr, dass sich die Bordeauxweine auf einem neuen Preisniveau einpendeln.

Zu den Bewertungen von Robert Parker lässt sich festhalten, dass er unserer Meinung nach im Durchschnitt 1-3 Punkte zu hoch liegt. Wir haben uns die Mühe gemacht und die Anzahl der Bewertungen des 2006er mit denen des 2000ers verglichen: Während 24 2000er Weine 93-96 Punkte oder höher bewertet wurden, waren es beim 2006er immer noch 18! Noch dramatischer ist es bei den Weinen zwischen 88 und 93 Punkten: In 2000 ganze 128, und beim 2006er Jahrgang lediglich sieben weniger. Obgleich Parker sein Füllhorn fürstlich ausgeschenkt hat, mahnt er in seinem WineAdvocate wie in seinem Onlineforum die Winzer zur Besinnung auf marktgerechte Preise. Gab es doch schon genug Jahrgänge, in denen der amerikanische Markt als massiver Käufer die Preise in die Höhe zog, kommt nun genau von dieser Seite die Befürchtung, der asiatische und osteuropäische Markt könnte den Amerikanern den Rang ablaufen. Eine nicht zu vernachlässigende Tatsache ist der Wechselkurs des Dollar zum Euro. Wurden die 2005er doch auf Basis von 1,25 EUR/USD eingekauft, sind es heutzutage 1,35 EUR/USD. Diese 8%ige Verteuerung für den amerikanischen Einkäufer lässt einen 20% geringen Preis für den 2006er Jahrgang in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Unser Fazit: Kaufen Sie nur die Weine, die Sie auch wirklich trinken oder sammeln wollen, um den Jahrgang trotzdem in der Sammlung zu haben - oder weil Sie das Châteaux so oder so gerne trinken. Machen Sie einen Bogen um die (zu) teuren Weine – zur Arrivage werden die Weine evtl. auch noch verfügbar sein.

Wir stehen Ihnen seit 1994 als kompetenter Ansprechpartner für die Weine des Bordeaux zur Verfügung und verfolgen jeden Jahrgang in Bordeaux. Es ist für uns ein langfristiges Geschäft – auch die nicht so guten Jahrgänge haben ihre Daseinsberechtigung.

Nichtsdestotrotz scheuen wir uns nicht, unsere recht kritische Meinung zum Jahrgang zu äußern – wir lassen uns gerne eines besseren belehren, sollte der Jahrgang bei der Arrivage sich deutlich anders präsentieren. Aber zum jetzigen Zeitpunkt halten wir es für angebracht den Jahrgang defensiv zu kaufen.

Wir sind uns der großen Verantwortung und des Vertrauens unserer Kunden, die in der Subskription auf uns zählen, bewusst und wollen Sie auch weiterhin seriös beraten. Daher gibt es von unserer Seite keine generelle Kaufempfehlung für diesen Jahrgang,

Unabhängig von unserer Meinung stehen wir jedem Kunden natürlich mit dem gewohnten Service zur Verfügung: Das heißt, Sie können aus dem umfangreichsten Subskriptionsangebot Deutschlands auswählen und Weine zu absolut wettbewerbsfähigen Preisen aus einer Hand beziehen. Wie in der Vergangenheit werden Sie aus +/- 350 Châteaux auswählen können. Sortimentsweine, die wir auch später führen werden, sind beliebig sortierbar und mit dem Gebinde „EINZELN bzw. 1x 0,75“, oder natürlich einem Vielfachen, ausgewiesen. Alle anderen Weine bieten wir in den Originalgebinden an. Dies ist meist 12 x 0,75 in einer Holzkiste oder Karton, je nachdem, wie das Château die Weine ausliefert.

Reisebericht

St. Emilion / Pomerol

Unsere Verkostungstour beginnt wie in den vergangenen Jahren auf dem rechten Ufer, und Montag morgen um 9.20 Uhr sind wir bei der ersten Rive Droite Verkostung, um kleinere St. Emilion und Pomerol sowie Weine aus den Satelliten-Appellationen zu verkosten.

Verkostung im St. Emilion

Erstaunlicherweise waren trotz offizieller Eröffnung um 9 Uhr gerade mal 20 bis 30% der Stände besetzt. Den Anfang machte Villars ansprechende Frucht und samtiger Körper. Dann ein sehr ansprechender, reintöniger und vor allem typischer Moulin Haut Laroque. Auch Grand Corbin Despagne kann überzeugen - fleischig/samtig mit einer gehörigen Fruchtunterlage. Grand-Pontet besticht mit einer großen Portion Brombeeren & Cassis, aber leider auch recht harten Tanninen. Die sollten zur Arrivage eingebunden sein. Dann das Faugeres Trio: Cap de Faugeres mit vielen – fast zu vielen - Bittertönen und wenig Frucht. Dann Faugeres, ebenso bitter, aber auch extraktreich, etwas schmeichelnder als Cap. Peby Faugeres war noch nie ein Wein der leisen Töne, so hat er auch dieses Jahr sehr viel Extrakt und Kraft – jedoch alles im „Garagen-Style“ vinifiziert. Es fehlt die Natürlichkeit. Dann unser Liebling Château Patris: schöne Eleganz & Länge, aber auch sehr harsche Tannine, die es noch zu bändigen gilt. Veyry ist noch sehr unruhig, animalisch in der Nase, aber zu harte und massive Tannine. Fougas-Maldorer: schöne Länge, intensiv bis saftige und ansprechende Fülle.


Es geht weiter zu einer „kleineren“ St.Emilion-Verkostung: Den Anfang macht ein leicht enttäuschender Bon Pasteur, sehr gewollt auf Eleganz getrimmt, ohne Körper. Bellefont-Belcier hat wiederum eine schöne Länge und frische Frucht mit gut eingebundenen Tanninen. Gabriel würde sagen: ein „gastronomischer Wein“. Dann ein absolut ungewöhnlicher Wein: Cadet-Piola. Das Weingut hatte wider Erwarten wohl mit ganz anderen Problemen als denen des Jahrgangs zu kämpfen. Der Wein passt nicht in die Verkostung, erinnert er doch eher an einen Kalifornier oder Südfranzosen. Der Wein schmeckt absolut überreif, der Erntezeitpunkt scheint etwas zu spät gewählt worden zu sein.

Clos de L’Oratoire vermag uns zu diesem Zeitpunkt leider auch nicht überzeugen, ausgeprägte Rotkirsche, aber Ausdruck & Kraft fehlen dem Wein zum jetzigen Zeitpunkt. Da empfehlen wir einmal mehr auf die Arrivage zu warten. Mit Canon-la-Gaffeliere dann das erste Highlight des Tages. Sehr reintönig, satt, vollreif und geschliffen – mustergültiger St. Emilion! Chapeau, Stephan von Neipperg. Dann ein absolut ungewöhnlicher La Dominique. Sehr vielschichtig und nachhaltig im Ausdruck, hat Saft und Kraft, noch nie haben wir solch einen La Dominique verkostet. Des Rätsels Lösung sollten wir ein paar Tage später erfahren, denn kein anderer als Jean-Luc Thunevin ist hier seit kurzem für die Vinifizierung zuständig. An seiner Seite ein weiterer guter Bekannter: Guillaume Queyron, der ambitionierte junge Winzer hinter La Fleur Mongiron.

Dann geht es zur berühmtesten Pinie der Weinwelt: Le Pin. Monsieur Thienpont ist wie immer gut gelaunt und führt uns in seinen kleinen Keller mit gerade mal zwanzig Barriques, gefüllt mit dem 2006er Jahrgang. Der Wein erinnert an einen großen Burgunder, weniger tief und reichhaltig, dafür mit sehr viel Finesse ausgestattet, ist Thienpont mit diesem typischen Jahrgang sehr zufrieden. Wir erfahren noch etwas über die Geschichte der belgischen Familie Thienpont in Bordeaux. Sein Vater hatte 1924 Troplong Mondot gekauft, musste sich aber 1934 aus wirtschaftlichen Gründen wieder von dem Weingut trennen. Grund dafür war die weltweite Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre sowie einige desaströse Jahrgänge. Sein Sohn wagte 1979 dann einen neuen Versuch und erwarb diese einen Hektar umfassende Parzelle. 1980 war der erste kommerzielle Jahrgang von Le Pin, und seit dem 1990er Jahrgang sind die Weine von Le Pin eine gesuchte Rarität und nur in homöopathischen Mengen erhältlich.

Es geht weiter zur beeindruckenden Kollektion von Denis Durantou: La Chenade macht mit einer sehr schönen Würze und Länge den Anfang. Reintönig und elegant – einfach alles da! Dann Les Cruzelles: ähnliche Stilistik, viel Frucht und wieder diese Würze mit Saft & Kraft.

Beim L’Eglise Clinet hat Denis dann wieder den absoluten Lauf gehabt. Reintönig, fest und animalisch, dabei sehr ausgewogen und intensiv. Natürlich konzentriert und eine berauschende Tiefe. Wir geraten ins Schwärmen: Bis dato der beste Wein des Tages. Kleine Anekdote am Rande: Nach der Verkostung wollten wir mit Denis über eine Indikation der Preise sprechen. Leider war ihm dies sichtlich unangenehm, und er teilte uns mit dass die Preise des 2004er Jahrgangs ein großer Fehler gewesen sind. Der Preis für den 2006er L’Eglise Clinet ist auch dieses Jahr leider wieder gelinde gesagt stattlich zu bezeichnen. Auf der anderen Seite schlummert hier wirklich ein ganz großer L’Eglise Clinet in den Fässern.

Halbzeit: im Herzen von Libourne gibt es ein herrliches Boeuf für zwei, so blutig bzw. bleu gebraten, wie man es in Frankreich fast an jeder Ecke finden kann.

So gestärkt, sind wir für die beeindruckende Moueix-Kollektion gewappnet: bereits dass „Amuse buche“ hatte es faustdick hinter den Ohren. Château Barrail du Blanc – eine unserer Top-Entdeckungen des Jahrgangs: fleischig, saftig und reintönig, sehr tief und nuanciert für einen Wein dieser Preisklasse. Äußerst beeindruckend, wie die Mouiex Equipe auch südlich von Petrus & Co. einen derart ambitionierten Wein auf die Flasche ziehen können.

Dann ein absolut überraschender Zweitwein von Gazin: L´Hospitalet de Gazin, sehr viel Pomerol typische Eleganz aber auch eine gute Portion Extrakt – nachhaltig. Klasse! Später wird sich zeigen, dass der Wein ziemlich nahe am Grand Vin liegt. Dann ein reichhaltiger La Serre, sehr delikat und finessenreich. Magdelaine hat im Ansatz eine leicht überreife Frucht, aber dann wieder diese faszinierende Moueix-Handschrift: seidige Eleganz, strotzt vor Kraft.

Mit Belair geht es weiter. Sehr viel Saft & Kraft, tolle Balance, eine Klasse für sich, wird konstant immer besser! Seit Anfang diesen Jahres ist Moueix zu 31% am Besitz von Belair beteiligt und treibt die Qualität sicherlich noch weiter nach vorne! Chapeau!

Mit Latour a Pomerol kommen wir dann auch schon zu den Boutiqueweinen: Saft und Klasse im Überfluss, schönes Extrakt und eine gehörige Fruchtunterlage mit Attitüde. Das Ganze sehr elegant bis samtig verpackt. Klasse. La Fleur Petrus ist eine gewisse Ähnlichkeit nicht abzusprechen, ähnlich samtig und reichhaltig, allerdings um einiges finessenreicher als der Vorgänger.

Mit Certan de May kommen wir zum finalen Trio. Eine faszinierende, natürlich gewachsene Kraft & Eleganz im Überfluss. Seide und Extrakt in seiner pursten Form. Bereits ein Wein für die besonderen Momente im Leben. Mit Trotanoy geht es weiter – schlummert hier ein zweiter 98er Jahrgang? Absolut generös und überschwänglich, satt, wuchtig, extraktreich – alles was man von einem großen Pomerol erwartet, ist hier zu finden. Der „heimliche“ Petrus?

Zu guter Letzt steht eine Flasche Petrus vor uns: Wie ein Gigant scheint dieser Wein über der gesamten Kollektion zu schweben. Opulent und massiv, generös bis monströs, ein absolut faszinierender Wein, der viele, viele Jahre der Flaschenreife benötigen wird. Kann es locker mit dem vorangegangenen Jahrgang aufnehmen!

Wir beglückwünschen Édouard Moueix, den Sohn von Christian Moueix, zu der überragenden Kollektion, und sind schwer beeindruckt über diese enorme Dichte außergewöhnlicher 2006er Weine.

Es geht wieder zurück ins St. Emilion, zu unserem nächsten Termin auf Cheval-Blanc. Bereits der Petit-Cheval kann ziemlich beeindrucken, viel Kraft und Eleganz, wieder einmal bereits sehr viel Cheval im „kleinen Cheval-Blanc“ – leider in den letzten Jahren auch ein zunehmend sehr teures Vergnügen. Mit dem Grand Vin wird es dann wieder einmal mehr absolut überirdisch. Dem hohen Cabernet-Franc-Anteil von 45% ist es einmal mehr zuzuschreiben, dass sich der Cheval-Blanc in seiner Jugend doch eher zurückhaltend verkosten lässt. Trotzdem bereits ein typischer Cheval im Glas, reintönig, kernig bis samtig mit viel Kraft und Eleganz. Leider mit Sicherheit ebenfalls kein günstiges Vergnügen dieses Jahr.

Unser nächster Termin führt uns zu Alain Vauthier und seinem Château Ausone. In der Regel sind die Weine auf konstant hohem Niveau – dieses Jahr tun wir uns leider etwas schwer mit seinen Weinen. Egal ob Fonbel, Moulin St. Georges, Chapelle d’Ausone oder Ausone selbst – alle Weine sind zwar typisch und authentisch, allen fehlt jedoch der Biss, die Fruchtunterlage und Konsistenz. Das ist umso mehr verwunderlich, da Alain Vauthier auch in schwierigen Jahren mit dem 2002er oder 2004er Jahrgang bereits zum Zeitpunkt der Fassverkostungen wirklich Aufsehen erregende Weine präsentierte. Rene Gabriel beschrieb den Ausone u.a.: „…noch unfertig und doch genial, zu den grossen, wenn auch vielleicht etwas kühl ausstrahlenden Jahrgängen gehörend…“ – da sollten wir mit einer abschließenden Meinung besser auf die Arrivage warten.

Es geht weiter zu Monsieur Perse. Sainte-Colombe macht den Anfang, sehr schönes Extrakt, eine leichte Schärfe/Würze, die dem Wein sehr gut steht. Alles da, so schmeckt ein moderner Côtes de Castillon – und der Preis ist mehr als attraktiv.

Château Pavie Fassmuster

Mit Monbousquet kommen wir dann zu einem typischen Perse Wein – leise Töne sind ihm fremd. Eine rabiate Schärfe durch den Concentrateur dominiert den Wein von vorne bis hinten. Hut ab, wie Gabriel & Co. zu solch einer Gaumenvergewaltigung noch eine detaillierte Verkostungsnotiz schreiben. Dann Pavie-Decesse – Rene Gabriel beschreibt den Wein sehr treffend: „…wie ein einreduzierter Beerencocktail…“. Mit Bellevue Mondotte legt Perse dann noch einen drauf. Von einem Wein mit einem derart geringen Ertrag (18hl) ist in seiner Jugend wenig Finesse zu erwarten – doch dieser Wein ist eher ein medizinisches Elixier. Erinnert an eine Haute-Cotoure-Schau in Paris – wo die Kleider und Models auch kaum etwas mit der breiten Modewelt zu tun haben. Genauso abgehoben ist die Stilistik dieser Weine. Sein bekanntestes Pferd im Stall der Pavie, wurde dieses Jahr erstaunlicherweise relativ wohlerzogen vinifiziert. Natürlich Saft & Kraft im Überfluss, aber auch eine enorme Struktur mit viel Kraft und Extrakt. Für einen Pavie sogar eine gute Balance.

Es geht weiter zum Grafen Neipperg. Wir beginnen mit dem d’Aiguilhe: authentisch und typisch, aber bleibt doch stark hinter dem 2005er zurück. Die Fruchtunterlage gibt sich relativ kühl bis zurückhaltend. Mit Clos de l´Oratoire geht die Sonne auf: saftig und ansprechend in der Struktur, nachhaltig, kernig mit Attitüde. Canon-la-Gaffeliere kann ganz mit der vollen St. Emilion Eleganz punkten. Nachhaltig mit Finesse und Noblesse.

Seit dem 2005er Jahrgang verkosten wir die Weine von Château L’Angelus neben den allgemeinen Verkostungen der Union de Grand Cru immer auch auf dem Château selbst, wo sich fast ausnahmslos alle Weine wesentlich besser präsentieren.

Der Wein ist ein absoluter Traum, Frucht im Überfluss, reichhaltig, natürlich, expressiv, tiefgründig – ein rundum berauschendes Erlebnis. Liegt sehr nahe bei der Qualität des 2005er Jahrgangs – bleibt zu hoffen, dass der Preis wieder auf bezahlbareres Terrain zurückkommt.

Die terminierten Verkostungen sind damit für heute geschafft, und wir freuen uns auf einen entspannten Abend mit Olivia und Neil von Château Masburel. Die Weine präsentieren sich jahrgangstypisch etwas unterhalb des einzigartigen 2005er Jahrgangs. Auch wenn die 2006er Weine nicht die enorme Tiefe und Reichhaltigkeit der Vorgänger haben sind die Weine doch trotzdem typische Masburel-Weine. Der Lady besticht wieder mit seiner jugendlichen Unbekümmertheit und seiner deutlichen Fruchtdominanz. Der Grand Vin gibt sich dagegen wesentlich aristokratischer und vornehmer – Neil vergleicht ihn immer mit einer fiktiven Mischung aus einem Margaux und St. Emilion-Wein. Und der Bolero bleibt seinem Stil treu – weiterhin der Über-Masburel mit allen Attributen des Lady und Château’s. Und das Beste sind mal wieder die absolut fairen Preisen!

Der nächste Tag ist den offiziellen Verkostungen der Union de Grand Cru gewidmet. Wir beginnen mit den Weinen des St. Emilion. Larmande gibt sich sehr adstringent mit einer gehörigen Portion Tannine. La Tour Figeac ist mit einer ordentlichen Portion Frucht ausgestattet und steht für den mustergültigen St. Emilion Wein. Vielleicht liegt es daran, dass ein deutscher, Otto Rettenmeier, hier das Weingut mit deutscher Gründlichkeit führt?

La Dominique hatten wir gestern schon verkostet, wo er uns besser zugesagt hat. Figeac gibt sich wieder mal sehr klassisch und traditionell mit mittlerem Körper und eher burgundischer Eleganz. Dassault besticht mit einer herrlichen Nase, Rumtopf und leicht harschen Tanninen. Dann bestätigt Canon-la-Gaffeliere die Eindrücke des Vortages, und Belair steht auch außerhalb des Mouix’schen Verkostungsraum seinen Mann und braucht sich vor einem Canon-la-Gaffeliere keinesfalls zu verstecken. Beausejour-Becot kommt sehr kräftig und würzig, daher mit einer enormen Portion Tanninen, die die Frucht total überdecken.
Gabriel schreibt: „…ein leicht zu unterschätzender Wein…“. Angelus stellt hier einmal mehr seine enorme Klasse unter Beweis. Dann Pavie-Macquin, dieses Château liegt noch oberhalb von Pavie und profitiert von ähnlich idealen Wachstumsbedingungen. Weniger dramatisch als bei den Perse Weinen gelingt hier der Spagat zwischen traditionellem Terroir im St. Emilion und moderner Vinifikation auf der anderen Seite. Angenehm intensiv und nachhaltig, aber dabei immer wohlerzogen bleibend und die leiseren Töne favorisierend.

Dann noch Troplong-Mondot - kann zwar einem L’Angelus dieses Jahr nicht das Wasser reichen, besticht aber trotzdem mit einer nachhaltig ausgeprägten Frucht, Zartbitterschoko und einer gehörigen Portion Tannine.

Dann ging es weiter zur Unions Verkostung der Pomerol-Weine. Ein warmherziger, sehr offener und zugänglicher Beauregard macht den Anfang. Dann ein „nur“ mittelgewichtiger Clinet, dem etwas das Rückrat fehlt. Ein beeindruckender Gazin – sehr wohlerzogen und elegant (eben typisch Moeuix), trotzdem mit Attitüde und einer fast berauschenden Tiefe. Der Erinnerung nach liegen der Grand Vin und Hospitalet nicht sehr weit auseinander, und der Zweitwein ist aus preislichen Gründen ein echter Top-Buy! Dann La Conseillante: sehr ansprechend, vor allem reichhaltig in der Nase (wurde dekantiert serviert), Rumtopf im Überfluss am Gaumen dann zunächst etwas kühl, dann aber doch generös und wieder Rumtopf. Bleibt zu hoffen, der Preis bleibt auf dem Boden der Realität. La Pointe bleibt seinem eher aristokratischem Stil treu und stellt einen ganz und gar typischen la Pointe zur Verkostung an. Elegant in der Nase, Tabak, mittlerer Körper und einer schönen Fruchtsüße.
Ein zu kalt serviertes Fassmuster von Petit Village bildet den Abschluss: Anflüge von Rumtopf und einer gehörigen Portion Fruchtsüße, aber der Körper bleibt bei dieser Kälte vollkommen auf der Strecke.

Pessac Leognan / Graves

Es geht über die Rocade (den Autobahnring rundum Bordeaux) gen Pessac Leognan / Graves. Bei der dortigen Unions-Verkostung beginnen wir mit Carbonnieux: zwar terroirtypisch im Ausdruck, fehlt es dem Wein aber etwas an Rückrat. Domaine de Chevalier kann da schon mehr überzeugen, mehr Rasse und Kraft zeigen als der Vorgänger. Auch wenn der nicht wirklich als Schnäppchen zu bezeichnen sein wird, ist es zumindest ein absolut mustergültiger Pessac Leognan Wein. Mit einem hinreißendem de Fieuzal geht es weiter: sehr warmherzig und offen, schmeichelnde Fruchtsüße, fehlt lediglich die Fruchtunterlage a la 2003 oder 2005. Dann eine echte Überraschung – Haut Bailly, der hohe Cabernet Anteil (65%) kommt hier bestens zur Geltung und beeinflusst das Cuvee auch geschmacklich maßgeblich. Reichhaltig und intensiv, steht förmlich im Glas. Dann noch ein überzeugender Les Carmes Haut Brion mit einer gehörigen Portion Frucht und massiven Tanninen, das Ganze mit einer sehr anständigen Textur. Von der alphabetischen Reihenfolge der Verkostungstische her gesehen wäre der rote Pape Clement vor dem Smith Haut Lafitte dran gewesen – wir haben die Weine lieber andersherum verkostet: Smith kommt relativ elegant bis geschmeidig, mit äußerst geschliffenen Tanninen daher. Dazu eine ordentliche Fruchtsüße, ein Charmeur.

Dann Pape Clement, Bernard Magrez’s Paradewein. Umzäumt und von der wachsenden Stadt Bordeaux wächst hier nach den Weinen der Dillon Familie hier zweifelsfrei der beste Wein der Appellation. Magrez’s Stil der Vinifizierung liegt irgendwo zwischen Valandraud und Lascombes – dazu die typischen Terroirtöne der Appellation. So auch dieses Jahr ein hinreißender Pape Clement: tief dunkel, wuchtig, mit viel Adstringens. Dann Rumtopf und Zartbitterschoko im Überfluss.

Als nächstes steht der Besuch der Weingüter der Domaine Clarence Dillon auf dem Zeitplan. Mit La Chapelle geht es los, sehr ausgeprägte Tabakaromen dank der neuen Fässer, leicht rauchig, aber auch sehr fruchtbetont. Mal wieder endlich ein Wein, der aus vollreifem gesunden Traubenmaterial gekeltert wurde. Nachhaltig, intensiv, äußerst seidig verpackt mit der typischen Haut Brion-Handschrift. Einfach alles da und eine echte Wonne! Seit diesem Jahr gibt es keinen La Tour Haut-Brion mehr! Da die Gebäude schon vor Jahren verkauft wurden, fehlte dem Wein das zugehörige Weingut – somit entschloss sich Delma,s die Trauben je nach Qualität im La Mission oder dem vorgenannten Zweitwein La Chapelle zukommen zu lassen. Als nächsten Wein verkosten wir den Bahans Haut Brion, seines Zeichens Zweitwein des Haut-Brion. Erwartungsgemäß gibt sich dieser Wein wesentlich aristokratischer und finessenreicher. Die Eleganz und Struktur ist da, aber der Wein hat nicht die Fruchtunterlage eines La Chapelle – nur die Jahre können zeigen, welchem Wein zu erst die Puste ausgehen wird. Wir kommen zum La Mission Haut-Brion: sehr intensiv, reichhaltig und wuchtig in der Nase. Am Gaumen setzt sich das fort, und der Wein besticht mit seinem Nuancenreichtum und Volumen. Ein absolut großer Wein mit Kraft par excellence, zwar kein 2005er, aber immerhin sehr dicht dran! Dann Haut-Brion, analog den Zweitweinen ein aristokratischer Wein „wie er im Buche steht“. La Mission und Haut-Brion trennt nur eine Straß,e umso mehr faszinierend, wie die unterschiedlichen Terroirs die Weine prägen. Der absolute Grand Vin, elegant und unnahbar. Am Gaumen zuerst wuchtig und elegant bis ausdrucksstark, zieht sich der Wein wie eine Schnecke zurück ins schützende Häuschen. Über dieses einmalige Duo entstehen jedes Jahr aufs Neue kontroverse Gespräche, welcher der beiden Weine nun besser ist. Diese Frage zu beantworten ist auch dieses Jahr nicht ganz einfach, da sich zum jetzigen Zeitpunkt der La Mission so unheimlich reichhaltig und generös präsentiert. Andere Verkoster hingegen bevorzugen den eleganteren und aristokratischeren Haut-Brion mit Hinblick auf eine sehr lange Phase der Reifung.

Nach dieser Verkostung fahren wir noch auf einen Sprung bei Pape Clement vorbei, um uns noch einen Überblick über die gesamte Magrez-Kollektion zu verschaffen. Mit La Tour Carnet hat Magrez einen ehrlichen und günstigen Haut-Medoc im Köcher. Mit Fombrauge ist er auch im St. Emilion vertreten: steht maskulin im Glas, kompakt und nachhaltig, mit sehr viel Kraft und Ausdruck. Dann die B-Probe von Pape Clement selbst, welche bereits für sich genommen einen Besuch auf dem Château rechtfertigt. Hier kann uns der Wein sogar noch mehr überzeugen als auf der Unionsverkostung.

Medoc

Die nachfolgende Verkostung holt uns schonungslos und knallhart auf den Boden der Tatsachen zurück. La Fayance ist ein Veranstaltungsort im Süden von Bordeaux, direkt an der Gironde gelegen, in einem sehr alten morbiden Industrie- / Gewerbegebiet. Der Verkostungsraum ist eine Halle in einem Industriedenkmal mit geschätzten 500qm. Hier präsentieren sich alle bürgerlichen Gewächse aus allen Appellationen des Medocs. Ohne Schicki-Micki und ohne großes Aufsehen stehen hier jeweils so +/- 50 Weine auf sehr großzügigen Holztischen. Der Vorteil solch einer Verkostung ist ganz klar das Tempo, mit dem man hier verkosten kann. Natürlich geht es bei der Verkostung von Fassmustern nicht wirklich um Bestzeiten – aber auf der anderen Seite kann man sich nicht länger als evtl. eine Minute mit einem Wein auseinandersetzen, wenn das zu bewältigende Angebot aus über 200 verschiedene Gewächsen besteht.

Um Ihnen an dieser Stelle unzählige kritische und meist sehr ähnliche Verkostungsnotizen zu ersparen, erlauben wir uns zu pauschalisieren. In der Regel zeigen die bürgerlichen Gewächse ein sehr gutes Bild eines Jahrgangs, da die Winzer meist nicht über einen Stab hoch bezahlter Berater und eine luxuriöse Kellerausstattung verfügen und somit mit ihren Weinen wesentlich mehr den Launen der Natur ausgesetzt sind. Die Regel „kleine Weine aus großen Jahrgängen und große Namen aus kleinen Jahrgängen“ hat sich einmal mehr bewahrheitet. Nachstehende Weine verkosten sich alle sehr oberflächlich, spröde, mit mittlerem Körper, bzw. wird dieser von sehr harschen Tanninen extrem überdeckt. Im Glas wirken die Weine unwirsch im Vordergrund, hart, aber ohne Kraft und Struktur und die nötige Fruchtunterlage. Evtl. werden die Weine bei der Arrivage nach entsprechender Reifung hier noch zulegen und sich besser präsentieren – zum jetzigen Zeitpunkt erinnern sie aber mehr an eine fiktive Mischung aus dem 2001er und 1997er Jahrgang. Die besseren Weine dieser Verkostung sind: Cambon la Pelouse, Charmail, Citran, Meyre, Reysson, Escurac, Petit-Bocq, Phelan Segur und Pibran.

Der nächste Tag beginnt mit einem Besuch bei der sympathischen Madame Gasqueron auf ihrem Château Calon-Segur im St. Estephe. Der Wein präsentiert sich äußerst zugänglich bis warmherzig, fleischig, leicht animalisch am Gaumen, kann zwar mit dem 2005er nicht mithalten, aber trotzdem sehr nachhaltig und anständig strukturiert. Ein typischer, terroirbetonter Calon-Segur, der auch ohne die Dramatik eines 2003er oder 2005er Jahrgangs viel Freude bereiten wird.

Es geht gen Süden, der nächste Termin ist bei der Familie Delon auf Leoville-las-Cases. Potensac macht den Anfang, ansprechend bis gefällig, eher klassisch und elegant.

Clos du Marquis überzeugt mit einer würzigen Nase, saftiger Frucht und einer herzergreifenden Eleganz. Dann das Paradepferd der Familie Delon Leoville Las Cases mit sehr viel Würze und einer hinreißenden Tiefe. Man vergleicht den Wein mit dem 1986er Jahrgang. Absolut terroirtypisch, besticht der Wein mit seiner Tiefe und Frucht. Obgleich der Wein nicht über die Opulenz eines 2005er oder 2003er Jahrgangs verfügt, steht der Wein wie ein Fels in der Brandung.

Als nächstes treffen wir Lilian Barton und beginnen mit dem Langoa Barton, sehr satt und funkelnd im Glas, viele dunkle Früchte und eine massive Struktur. Eher klassisch vinifiziert unter Respekt des Terroir. Erinnert an den 2002er Jahrgang. Leider hat der Langoa in den letzten Jahren preislich zu seinem großen Bruder dem Leoville Barton aufgeschlossen – insofern lässt sich leider nicht mehr von einem Schnäppchen reden, denn auch Lilian weiß, das sie in den letzten Jahren auch qualitativ zum großen Bruder aufgeschlossen hat.

Dann Leoville Barton selbst – mal wieder DER St. Julien des Jahrgangs. Frucht, Terroir Ausdruck hier stimmt einfach alles auf den Punkt. Reichhaltig, tiefgründig, facettenreich und generös. Chapeau Lilian!

Verkostung auf Ch. Pichon Baron

Wir bleiben noch im St. Julien, und der nächste Stop ist auf Ducru Beaucaillou. Wir verkosten einen nahezu majestätischen Ducru-Beaucaillou. Bereits in der Nase eine große Eleganz und an ein Premier Cru erinnernde Noblesse. Am Gaumen dann sehr kompakt und unnahbar, dazu sehr reintönige Terroirnoten und äußerst finessenreich. Ein absolut großer Ducru-Beaucaillou.

Unser nächster Termin führt uns zu Pichon Baron, und wir beginnen unsere Verkostungen mit dem Zweitwein Les Tourelles. Bereits dieser Zweitwein vermag uns mit seinen ausgeprägten Terroirnoten zu überzeugen. Relativ stark im Ausdruck und nachhaltig für einen Zweitwein.

Dann Pichon Baron selbst mit einer sehr nachhaltigen Nase, opulenter Frucht am Gaumen, Rumtopf und einer großartigen Balance. Das Château bleibt seinem Stil treu und hat auch mit diesem Jahrgang mal wieder ein mustergültiges modernes zweites Gewächs abgeliefert.

 

Château Pichon Comtesse de Lalande

Wir wechseln nur die Straßenseite und sind auf Château Pichon Comtesse de Lalande. Vor kurzem hat die bisherige Eigentümerin erst die Weichen für die Zukunft gestellt und das Weingut an das Champagnerhaus Roederer veräußert. Vor dem Hintergrund der schwierigen und strengen französischen Erbschaftssteuergesetze sowie mangels einer direkten Nachfolge in der Familie sah sich die Eigentümerin zu diesem Schritt gezwungen, um ihr Lebenswerk (neben Pichon-Comtesse Lalande auch Bernadotte sowie ein Weingut in Südafrika) als Ganzes zu erhalten.

Der Wein selbst gibt sich wesentlich aristokratischer als der vorangegangene Pichon Baron. Auch die direkte Nachbarschaft zu Château Latour und die Neigung der Weinberge gen Gironde kommen hier nicht so zur Geltung wie z.B. bei einem Latour oder dessen Nachbarn Leoville Las Cases aus der Appellation St. Julien. Obgleich der Wein dekantiert serviert wird, erscheint uns die Nase relativ gemacht, am Gaumen fehlen dann die Tiefe und der Ausdruck für das zweite Gewächs, das hinter vorgehaltener Hand manchmal als Aspirant auf den Status eines ersten Gewächses gehandelt wird.

Bei unserem nächsten Termin sind wir auf Mouton-Rothschild beim ersten Premier Cru zu Besuch. Mit d’Armailhac geht es los – sehr ordentlich und gradlinig vinifiziert, reintönig und auch delikat, dazu die Handschrift der Mouton Equipe….why not.

Mit Clerc Milon wird jetzt alles dichter, intensiver und kompakter. Besticht mit einer herzergreifenden Finesse und Souplesse.

Bei dem Grand Vin scheiden sich die Geister - während das Château ganz selbstsicher den 2006er Jahrgang vor dem 2005er sieht und sogar mit dem 1986er vergleicht, sprechen die Bewertungen von Parker & Co. eine andere Sprache. Zweifelsfrei ist der 2006er ganz Premier Cru, sprich, es gibt Eleganz und Substanz im Überfluss aber die wirklich herausragende Tiefe und Konsistenz, um den Wein mit einem so einmaligen Jahrgang wie dem 1986er zu vergleichen, sehen wir nicht. Hier heißt es mal wieder auf die Arrivage zu warten.

Als nächstes widmen wir uns den Weinen des St. Julien und begeben uns auf eine allgemeine Verkostung der Union de Grand Cru. Brane Cantenac macht den Anfang. Wunderschöne Fruchtsüße und leicht mollig mit guter Textur. Dann ein hochfeiner Cantenac Brown, dem es aber an der Substanz etwas fehlt. Während diese Zeilen entstehen, hat das Château bereits den Preis seines 2006er Jahrgangs veröffentlicht und weltweites Kopfschütteln verursacht.

Dann ein leicht enttäuschender du Tertre, zwar fleischig, aber auch metallische Töne und zu schwach im Ausdruck. Schade eigentlich - gelang es dem Château doch auch unter widrigen Bedingungen mit dem 2002er oder auch 2004er, durchaus überzeugende Weine abzuliefern.

Château Lascombes

Der aus gleichem Eigentum stammenden Giscours macht da schon mehr Spaß: bereits in der Nase sehr ausgeprägt finessenreich und relativ kraftvoll. Am Gaumen dann Frucht und Struktur auf den Punkt, für den Jahrgang ein sehr respektabler Wein. Dann ein ebenfalls überzeugender Kirwan mit schöner Margaux-Typizität. Auch Lascombes bleibt seinem Stil der letzten Jahre treu und vermag einmal mehr einen ausgezeichneten Wein anzustellen. Leider in den letzten Jahren zu einem teuren Vergnügen geworden, steht der Wein für den modernen Margaux.

Mit Malescot-St-Exupery kommen wir zu einem für uns merkwürdigen Wein. Stilistisch folgt der Wein einem vinologischen Zeitgeist, den wir eigentlich schon hinter uns gelassen haben. Diese „gemachten“, konzentrierten Weine treffen eher den Geschmack von Parker & Co. als den des Terroir-Weinfreundes, der hier die typischen Margaux -Terroirnoten hinter einer massiven Tanninwand nur vermuten kann.

Ganz anders dann der Monbrison: herzergreifende, terroirtypische Frucht, schöne Adstringens, gute Länge und saftig. Dann noch ein ebenfalls überzeugender Rauzan Segla. Anflug von Rumtopf, reichhaltig Cassis und eine stimmige Portion Würze, das ganze fest und kompakt mit einer guten Länge. Chapeau!
Bei unserem nächsten Termin auf Château Margaux beginnen wir mit dem Pavillon Rouge. Sehr reintönig und eine sehr pure Frucht und nachhaltig. Klasse Balance und absolut stimmig.

Der Grand Vin besticht mit seiner typischen Eleganz und Reichhaltigkeit. Pure Seide mit Schmelz und Saft, dazu eine ganz feine Würze und nicht enden wollende Frucht. Auch wenn die absolut generöse Tiefe der ganz großen Jahrgänge fehlt - ein großartiger Margaux. Während diese Zeilen geschrieben werde,n ziehen in Sachen Preis leider düstere Wolken auf…

Unser nächster Stopp führt uns zur allgemeinen Unions-Verkostung der Appellation St.Julien, dort beginnen wir mit Beychevelle: recht ansprechend, nachhaltige Struktur, aber die Tiefe im Gesamten fehlt doch merklich. Dann ein sehr dunkler und intensiver Branaire Ducru mit viel Substanz & Kraft. Folgt dem neuen Stil und sollte weiter beobachtet werden.

Mit Lagrange kommen wir zu einem typischen und vor allem auch sehr konstanten St. Julien:
Tiefgründig, komplex, reichhaltig und ansprechend strukturiert. Zartbitterschoko mit leicht trockenen Tanninen im Abgang. Auch Leoville-Poyferre kann überzeugen. Schöne Adstringens, steht maskulin im Glas, eine knackige Portion Tannine steht mit der Frucht im Einklang.

Bei selbiger Verkostung werden auch die Weine der Appellationen Pauillac und St. Estephe präsentiert. Wir nehmen uns Haut-Bages Liberal vor. Relativ wuchtig bis intensiv, mit einer gehörigen Portion Würze und Tannine ein rundum mustergültiger Haut-Bages Liberal.

Dann ein klassischer Lynch-Bages mit Attitüde. Viel Frucht und Eleganz, aber auch Kraft, sehr ausgeprägte Terroirnoten und ein finessenreiches Finish.

Mit Pontet Canet verkosten wir einen zunehmend ernst zu nehmenden Wein. Der 2006er Jahrgang folgt beeindruckend der neuen Stilistik der jüngeren Jahrgänge. Sehr tiefgründig und maskulin im Glas, expressiv, dicht und sehr charaktervoll. Obgleich dem Wein die leisen Töne vollkommen abgehen, sollte zumindest einer der jüngeren Jahrgänge in keiner Sammlung fehlen.

Mit dem Phelan Segur kommen wir zum donnernden Finale dieses Verkostungs-Termins.
Auf den ersten Blick gibt sich der Wein relativ kühl bis abweisend, um den Gaumen dann beeindrucken zu überrollen. Sehr tiefgründig, charaktervoll, finessenreich, aber auch leicht ruppig. Dieser Wein wird erst in einigen Jahren auf der Flasche sein ganzes Potenzial zeigen.
In seiner Preisklasse ganz oben auf dem Treppchen. PS: Oh, welch Wunder, seit dem 2006er Jahrgang hat Michel Rolland hier seine Finger mit im Spiel!

Château Latour Fassmuster

Unser nächster Eintrag im Terminplan schickt uns zu Château Latour. Der „einfache“ Pauillac macht den Anfang – vergleichbar mit vorangegangenen Jahren die ganz und gar typische Pauillac/St. Julien bereits in der Nase. Am Gaumen blitzsauber und deutlich Cabernet geprägt.
Leider wird der Wein nicht in Subskription verkauft, und wir müssen uns noch etwas gedulden…

Mit Les Forts de Latour wird es dann deutlich nachhaltiger und wuchtiger. In der Regel wird dieser Wein von dem einzigartigen Terroir geprägt. Leider mischen sich dieses Jahr etwas leisere Töne darunter. Das Château hat kürzlich erst 10ha Weinberge von Larose-Trintaudon gekauft und diese erstmalig dem Les Forts de Latour zukommen lassen. Eventuell wäre man besser beraten gewese,n diese Weine dem Pauillac de Latour zuzuschlagen. Wir gehen mal davon aus, dass die Latour-Equipe die Weinberge in den nächsten Jahren dort nach deren Maßstäben auf Vordermann bringt und es dadurch zu keiner weiteren „Verwässerung“ mehr kommt.

Mit dem Grand Vin leistet sich das Château dieses Jahr natürlich keine Patzer. Absolut generös bereits in der Nase, eben der Grand Vin par excellence! Unbändige Kraft und Extrakt beeindruckend finessenreich verpackt. Gehört zur absoluten Spitze des Jahrgangs, erinnert an den 2004er Jahrgang. Ein wenig maskuliner oder aristokratischer als der Stil der Jahrgänge zwischen 2000 und 2005.

Es geht weiter gen Norden zu Château Lafite-Rothschild. Der Zweitwein Carruades de lafite macht den Anfang. Sehr reintönige Pauillac-Eleganz mit Typizität und deutlichen Terroirnoten.

Dann kommt Duhart-Milon an die Reihe. Wesentlich zurückhaltender als der Carruades, gibt sich der Wein wesentlich aristokratischer und nuancenreicher. Leicht maskulin, bleibt abzuwarten, wie er sich auf der Flasche präsentiert.

Mit einem sehr vielschichtigen Lafite-Rothschild geht es weiter. Für den Jahrgang relativ viel Druck, komplex, seidige Eleganz, aber eben auch wieder zurückhaltend bis aristokratisch. Ein in sich ruhender Lafite, der evtl. erst nach vielen Jahren der Lagerung seine wahre Größe zu zeigen vermag. Aufgrund des zu erwartenden Preises ein wohl eher luxuriöses Unterfangen.

Wir ziehen weiter zu Château Montrose. Beim Betreten des Verkostungsraumes bemerkt man sofort, dass hier ein neuer Wind weht. Zwischen unserem letzten Besuch und der aktuellen Verkostung hat das Weingut den Besitzer gewechselt. Die neuen Eigner haben sich fast zeitgleich mit Tronquoy-Lalande ein weiteres Weingut im St. Estephe einverleibt.
Während die Verkostungen früher recht formlos im Stehen stattfanden, erinnert die aktuelle Präsentation an eine Verkostung auf Haut-Brion. Man sitzt an einem großen u-förmigen Tisch, und jeder einzelne hat vor sich die verschiedenen Weine und Wasser und einen Ausgussbehälter stehen.

Montrose selbst besticht mit einer schönen Würze in der Nase, sehr viel Terroirnoten, leicht maskulin in der Nase. Am Gaumen dann sehr ausgeprägt, gute Balance, ansprechend strukturiert. Die Gerbstoffe sind bestens eingebunden. Es ist eigentlich alles da – es fehlt lediglich die Kraft und der überragende Ausdruck des 2005er Jahrgangs, den wir dieser Tage als Referenz leider nicht aus unserem Kopf verbannen können.

Ganz bewusst haben wir uns nach Montrose einen Termin auf Château Cos d’Estournel geben lassen, um diese beiden Ausnahme-Châteaux der Appellation St. Estephe auf Augenhöhe zu verkosten. Der Vergleich konnte kaum deutlicher ausfallen – Cos deklassiert nicht nur alle Weine der Appellation St. Estephe, sondern ist unserer Meinung nach das beste zweite Gewächs des Medoc! Ein Brocken im Glas, enorm viel Substanz, Schwarzkirsche und Zartbitterschoko im Überfluss. Man könnte meinen, wir hätten den „fertigen“ 2005er im Glas.
Am Gaumen wuchtig, fett, substanziell und intensiv, dabei auch reichhaltig, generös und finessenreich. Chapeau Monsieur Prats!

Unser letzter Termin führt uns zurück in irdische Gefilde. Auf der letzten Union de Grand Cru Verkostungen stehen die Weine der Appellation Haut-Medoc auf dem Programm. Mit Beaumont beginnt die Talfahrt: eine schöne ausgewogene Frucht, mittlerer Körper, zwar reintönig, aber Ausstrahlung suchen wir vergebens.

Aber Belgrave vermag wieder an die überragenden Jahrgänge der Vergangenheit anzuschließen: Eine sehr reintönige Frucht, substanziell, gute Adstringens mit der passenden Fruchtunterlage – eigentlich alles sehr stimmig: ein klassifiziertes Gewächs, modern vinifiziert, dem Zeitgeist folgend und trotzdem einen seriösen Preis. So gesehen der perfekte Wein um die Bordeaux Vorurteile aus dem Weg zu räumen.

Der nächste Wein ist zumindest preislich gesehen dass absolute Gegenteil – der La Lagune kostet mal eben das Doppelte im Vergleich zum Belgrave. Obgleich der Wein wirklich besser als der Belgrave ist, stimmt die Preisrelation leider nicht mehr. Als nächstes La Tour Carnet aus dem Magrez-Portfolio (Pape Clement): sehr intensiv und würzig, Zartbitterschoko, saftig und kraftvoll. Klasse.

Den Abschied macht dieses Jahr dann Chasse-Spleen: sehr fleischig, animalisch mit einer schönen Substanz und einer gehörigen Portion Tannine die den Wein stützen.

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Jahrgangsinformation 2006

Vorwort

Verkostung La Fayance

Der 2006er Bordeaux Jahrgang ist einer der heterogensten, den wir je vom Fass probieren konnten. Pauschale Aussagen, ob das Medoc oder die Weine des rechten Ufer zu favorisieren sind, können genauso wenig getroffen werden wie pauschale Empfehlungen für einzelne Appellationen. Einzige Ausnahme nach unseren Verkostungseindrücken war das Pomerol: Hier konnten wir eine für den Jahrgang relativ große Anzahl bemerkenswerter Weine verkosten - allen voran die Kollektion der Mouiex-Weine.

Dennoch liegen auch im Pomerol Licht und Schatten nah beieinander.

Der klimatische Verlauf des Jahrgangs war vor allem durch Regen im August und zum Zeitpunkt der Ernte geprägt. Die Blüte fand Ende Mai bei besten Bedingungen statt, und das weitere Wachstum der Reben in den Monaten Juni und Juli war für die meisten Güter durchaus zufrieden stellend. Der 2006er Juli geht sogar als der heißeste Juli seit 85 Jahren in die Geschichte ein.

Doch im August entschied sich Petrus dann für eine kleine Pause und bescherte den Winzern links und rechts der Gironde den kühlsten August seit 20 Jahren, dazu noch eine gehörige Portion Niederschlag. Dieser Niederschlag hatte meist die Form von lang anhaltendem Nieselregen, der die Winzer zum Kampf gegen Fäulnis und Pilzbefall auf den Plan rief.

Diesen Zeitpunkt könnte man als Scheidepunkt des Jahrgangs beschreiben, denn nur die Weingüter, die über tief greifende und komplexe Kenntnisse der einzelnen Parzellen verfügten und mit exzessiver und vor allem rigoroser Arbeit im Weinberg den Wetterkapriolen strotzten, konnten mit der richtigen Wahl des Erntezeitpunktes gute bis sehr gute Weine ernten.

Aufgrund der zu niedrigen Temperaturen und des Regens kam die Entwicklung der Trauben ins Stocken. Obwohl Säure, Zucker und Tanninwerte durchaus hoch einzustufen waren, fehlte den Weinen die Reife – ein solcher Wein verkostet sich dementsprechend mit harten Tanninen im Vordergrund und einer sehr geringen Fruchtunterlage dahinter.

In der ersten Septemberhälfte hatte Petrus dann Erbarmen mit den Winzern, und mangels Regen und durch hohe Temperaturen konnten die Trauben für die Reife jetzt noch sehr gut zulegen.

Ab dem 16. September setzten wieder Regenschauer ein, und die ersten Parzellen waren bereits geerntet bzw. kurz davor. Der früh reifende Merlot ist traditionell immer die erste Rebsorte die geerntet wird, so konnte gerade am rechten Ufer die Ernte noch zu einem großen Teil vor den Regenfällen eingebracht werden. So erläuterte man bei Moueix den Verlauf der Ernte – und chapeau, die Kollektion der Weine ist beeindruckend!

Auch wenn der mehrheitlich im Medoc angebaute Cabernet erst zwischen Ende September und Anfang Oktober gelesen wurde, gab es auch hier gute bis sehr gute Weine zu verkosten. Der Schlüssel zum Erfolg war neben dem Erntezeitpunkt einmal mehr die Arbeit im Weinberg.

Der Jahrgang lässt uns aus kommerzieller Sicht betrachtet allerdings die Stirn runzeln. Während diese Zeilen entstehen, ist die Primeurkampagne in vollen Zügen, und wir sehen meist nur ca. 20%ige Preisabschläge zum 2005er. Manche seriösen Weingüter wie Calon Segur z.B. positionieren sich genau in der Mitte zwischen dem 2004er und dem 2005er Preis.

So wie sich die Weine zum Zeitpunkt der Fassverkostungen präsentierten, hätten wir ein generelles Niveau wie das des 2004er Jahrgangs eher für angebracht gehalten. Denn der 2004er Jahrgang wurde zum Zeitpunkt der Subskription ebenfalls kritisch beäugt, hat bei der Arrivage dann aber deutlich an Qualität zugelegt und sich auch im Preis deutlich verteuert. Das ist der Grund warum es Sinn macht einen Wein im Fass zu kaufen und zwei Jahre auf die Auslieferung zu warten – der Wein ist dann deutlich teurer verfügbar, und Sie als Sammler sind für die Wartezeit entsprechend entlohnt worden.

Aber leider sind die Lager der Negociants in Bordeaux momentan relativ geräumt – so sind diese bereit, den Jahrgang zu kaufen. Was sie ohnehin tun müssen, um langfristig im Geschäft zu bleiben. Sie haben sowohl den 2004er wie 2005er Jahrgang sehr stark abverkauft, und es sind kaum mehr Mengen am Handelsplatz Bordeaux verfügbar.

Bei vielen Châteaubesitzern herrscht übrigens die Meinung, den 2004er Jahrgang zu günstig verkauft zu haben, und angestachelt durch den preislichen Exzess des 2005er Jahrgangs besteht die Gefahr, dass sich die Bordeauxweine auf einem neuen Preisniveau einpendeln.

Zu den Bewertungen von Robert Parker lässt sich festhalten, dass er unserer Meinung nach im Durchschnitt 1-3 Punkte zu hoch liegt. Wir haben uns die Mühe gemacht und die Anzahl der Bewertungen des 2006er mit denen des 2000ers verglichen: Während 24 2000er Weine 93-96 Punkte oder höher bewertet wurden, waren es beim 2006er immer noch 18! Noch dramatischer ist es bei den Weinen zwischen 88 und 93 Punkten: In 2000 ganze 128, und beim 2006er Jahrgang lediglich sieben weniger. Obgleich Parker sein Füllhorn fürstlich ausgeschenkt hat, mahnt er in seinem WineAdvocate wie in seinem Onlineforum die Winzer zur Besinnung auf marktgerechte Preise. Gab es doch schon genug Jahrgänge, in denen der amerikanische Markt als massiver Käufer die Preise in die Höhe zog, kommt nun genau von dieser Seite die Befürchtung, der asiatische und osteuropäische Markt könnte den Amerikanern den Rang ablaufen. Eine nicht zu vernachlässigende Tatsache ist der Wechselkurs des Dollar zum Euro. Wurden die 2005er doch auf Basis von 1,25 EUR/USD eingekauft, sind es heutzutage 1,35 EUR/USD. Diese 8%ige Verteuerung für den amerikanischen Einkäufer lässt einen 20% geringen Preis für den 2006er Jahrgang in einem ganz anderen Licht erscheinen.

Unser Fazit: Kaufen Sie nur die Weine, die Sie auch wirklich trinken oder sammeln wollen, um den Jahrgang trotzdem in der Sammlung zu haben - oder weil Sie das Châteaux so oder so gerne trinken. Machen Sie einen Bogen um die (zu) teuren Weine – zur Arrivage werden die Weine evtl. auch noch verfügbar sein.

Wir stehen Ihnen seit 1994 als kompetenter Ansprechpartner für die Weine des Bordeaux zur Verfügung und verfolgen jeden Jahrgang in Bordeaux. Es ist für uns ein langfristiges Geschäft – auch die nicht so guten Jahrgänge haben ihre Daseinsberechtigung.

Nichtsdestotrotz scheuen wir uns nicht, unsere recht kritische Meinung zum Jahrgang zu äußern – wir lassen uns gerne eines besseren belehren, sollte der Jahrgang bei der Arrivage sich deutlich anders präsentieren. Aber zum jetzigen Zeitpunkt halten wir es für angebracht den Jahrgang defensiv zu kaufen.

Wir sind uns der großen Verantwortung und des Vertrauens unserer Kunden, die in der Subskription auf uns zählen, bewusst und wollen Sie auch weiterhin seriös beraten. Daher gibt es von unserer Seite keine generelle Kaufempfehlung für diesen Jahrgang,

Unabhängig von unserer Meinung stehen wir jedem Kunden natürlich mit dem gewohnten Service zur Verfügung: Das heißt, Sie können aus dem umfangreichsten Subskriptionsangebot Deutschlands auswählen und Weine zu absolut wettbewerbsfähigen Preisen aus einer Hand beziehen. Wie in der Vergangenheit werden Sie aus +/- 350 Châteaux auswählen können. Sortimentsweine, die wir auch später führen werden, sind beliebig sortierbar und mit dem Gebinde „EINZELN bzw. 1x 0,75“, oder natürlich einem Vielfachen, ausgewiesen. Alle anderen Weine bieten wir in den Originalgebinden an. Dies ist meist 12 x 0,75 in einer Holzkiste oder Karton, je nachdem, wie das Château die Weine ausliefert.

Reisebericht

St. Emilion / Pomerol

Unsere Verkostungstour beginnt wie in den vergangenen Jahren auf dem rechten Ufer, und Montag morgen um 9.20 Uhr sind wir bei der ersten Rive Droite Verkostung, um kleinere St. Emilion und Pomerol sowie Weine aus den Satelliten-Appellationen zu verkosten.

Verkostung im St. Emilion

Erstaunlicherweise waren trotz offizieller Eröffnung um 9 Uhr gerade mal 20 bis 30% der Stände besetzt. Den Anfang machte Villars ansprechende Frucht und samtiger Körper. Dann ein sehr ansprechender, reintöniger und vor allem typischer Moulin Haut Laroque. Auch Grand Corbin Despagne kann überzeugen - fleischig/samtig mit einer gehörigen Fruchtunterlage. Grand-Pontet besticht mit einer großen Portion Brombeeren & Cassis, aber leider auch recht harten Tanninen. Die sollten zur Arrivage eingebunden sein. Dann das Faugeres Trio: Cap de Faugeres mit vielen – fast zu vielen - Bittertönen und wenig Frucht. Dann Faugeres, ebenso bitter, aber auch extraktreich, etwas schmeichelnder als Cap. Peby Faugeres war noch nie ein Wein der leisen Töne, so hat er auch dieses Jahr sehr viel Extrakt und Kraft – jedoch alles im „Garagen-Style“ vinifiziert. Es fehlt die Natürlichkeit. Dann unser Liebling Château Patris: schöne Eleganz & Länge, aber auch sehr harsche Tannine, die es noch zu bändigen gilt. Veyry ist noch sehr unruhig, animalisch in der Nase, aber zu harte und massive Tannine. Fougas-Maldorer: schöne Länge, intensiv bis saftige und ansprechende Fülle.


Es geht weiter zu einer „kleineren“ St.Emilion-Verkostung: Den Anfang macht ein leicht enttäuschender Bon Pasteur, sehr gewollt auf Eleganz getrimmt, ohne Körper. Bellefont-Belcier hat wiederum eine schöne Länge und frische Frucht mit gut eingebundenen Tanninen. Gabriel würde sagen: ein „gastronomischer Wein“. Dann ein absolut ungewöhnlicher Wein: Cadet-Piola. Das Weingut hatte wider Erwarten wohl mit ganz anderen Problemen als denen des Jahrgangs zu kämpfen. Der Wein passt nicht in die Verkostung, erinnert er doch eher an einen Kalifornier oder Südfranzosen. Der Wein schmeckt absolut überreif, der Erntezeitpunkt scheint etwas zu spät gewählt worden zu sein.

Clos de L’Oratoire vermag uns zu diesem Zeitpunkt leider auch nicht überzeugen, ausgeprägte Rotkirsche, aber Ausdruck & Kraft fehlen dem Wein zum jetzigen Zeitpunkt. Da empfehlen wir einmal mehr auf die Arrivage zu warten. Mit Canon-la-Gaffeliere dann das erste Highlight des Tages. Sehr reintönig, satt, vollreif und geschliffen – mustergültiger St. Emilion! Chapeau, Stephan von Neipperg. Dann ein absolut ungewöhnlicher La Dominique. Sehr vielschichtig und nachhaltig im Ausdruck, hat Saft und Kraft, noch nie haben wir solch einen La Dominique verkostet. Des Rätsels Lösung sollten wir ein paar Tage später erfahren, denn kein anderer als Jean-Luc Thunevin ist hier seit kurzem für die Vinifizierung zuständig. An seiner Seite ein weiterer guter Bekannter: Guillaume Queyron, der ambitionierte junge Winzer hinter La Fleur Mongiron.

Dann geht es zur berühmtesten Pinie der Weinwelt: Le Pin. Monsieur Thienpont ist wie immer gut gelaunt und führt uns in seinen kleinen Keller mit gerade mal zwanzig Barriques, gefüllt mit dem 2006er Jahrgang. Der Wein erinnert an einen großen Burgunder, weniger tief und reichhaltig, dafür mit sehr viel Finesse ausgestattet, ist Thienpont mit diesem typischen Jahrgang sehr zufrieden. Wir erfahren noch etwas über die Geschichte der belgischen Familie Thienpont in Bordeaux. Sein Vater hatte 1924 Troplong Mondot gekauft, musste sich aber 1934 aus wirtschaftlichen Gründen wieder von dem Weingut trennen. Grund dafür war die weltweite Wirtschaftskrise der dreißiger Jahre sowie einige desaströse Jahrgänge. Sein Sohn wagte 1979 dann einen neuen Versuch und erwarb diese einen Hektar umfassende Parzelle. 1980 war der erste kommerzielle Jahrgang von Le Pin, und seit dem 1990er Jahrgang sind die Weine von Le Pin eine gesuchte Rarität und nur in homöopathischen Mengen erhältlich.

Es geht weiter zur beeindruckenden Kollektion von Denis Durantou: La Chenade macht mit einer sehr schönen Würze und Länge den Anfang. Reintönig und elegant – einfach alles da! Dann Les Cruzelles: ähnliche Stilistik, viel Frucht und wieder diese Würze mit Saft & Kraft.

Beim L’Eglise Clinet hat Denis dann wieder den absoluten Lauf gehabt. Reintönig, fest und animalisch, dabei sehr ausgewogen und intensiv. Natürlich konzentriert und eine berauschende Tiefe. Wir geraten ins Schwärmen: Bis dato der beste Wein des Tages. Kleine Anekdote am Rande: Nach der Verkostung wollten wir mit Denis über eine Indikation der Preise sprechen. Leider war ihm dies sichtlich unangenehm, und er teilte uns mit dass die Preise des 2004er Jahrgangs ein großer Fehler gewesen sind. Der Preis für den 2006er L’Eglise Clinet ist auch dieses Jahr leider wieder gelinde gesagt stattlich zu bezeichnen. Auf der anderen Seite schlummert hier wirklich ein ganz großer L’Eglise Clinet in den Fässern.

Halbzeit: im Herzen von Libourne gibt es ein herrliches Boeuf für zwei, so blutig bzw. bleu gebraten, wie man es in Frankreich fast an jeder Ecke finden kann.

So gestärkt, sind wir für die beeindruckende Moueix-Kollektion gewappnet: bereits dass „Amuse buche“ hatte es faustdick hinter den Ohren. Château Barrail du Blanc – eine unserer Top-Entdeckungen des Jahrgangs: fleischig, saftig und reintönig, sehr tief und nuanciert für einen Wein dieser Preisklasse. Äußerst beeindruckend, wie die Mouiex Equipe auch südlich von Petrus & Co. einen derart ambitionierten Wein auf die Flasche ziehen können.

Dann ein absolut überraschender Zweitwein von Gazin: L´Hospitalet de Gazin, sehr viel Pomerol typische Eleganz aber auch eine gute Portion Extrakt – nachhaltig. Klasse! Später wird sich zeigen, dass der Wein ziemlich nahe am Grand Vin liegt. Dann ein reichhaltiger La Serre, sehr delikat und finessenreich. Magdelaine hat im Ansatz eine leicht überreife Frucht, aber dann wieder diese faszinierende Moueix-Handschrift: seidige Eleganz, strotzt vor Kraft.

Mit Belair geht es weiter. Sehr viel Saft & Kraft, tolle Balance, eine Klasse für sich, wird konstant immer besser! Seit Anfang diesen Jahres ist Moueix zu 31% am Besitz von Belair beteiligt und treibt die Qualität sicherlich noch weiter nach vorne! Chapeau!

Mit Latour a Pomerol kommen wir dann auch schon zu den Boutiqueweinen: Saft und Klasse im Überfluss, schönes Extrakt und eine gehörige Fruchtunterlage mit Attitüde. Das Ganze sehr elegant bis samtig verpackt. Klasse. La Fleur Petrus ist eine gewisse Ähnlichkeit nicht abzusprechen, ähnlich samtig und reichhaltig, allerdings um einiges finessenreicher als der Vorgänger.

Mit Certan de May kommen wir zum finalen Trio. Eine faszinierende, natürlich gewachsene Kraft & Eleganz im Überfluss. Seide und Extrakt in seiner pursten Form. Bereits ein Wein für die besonderen Momente im Leben. Mit Trotanoy geht es weiter – schlummert hier ein zweiter 98er Jahrgang? Absolut generös und überschwänglich, satt, wuchtig, extraktreich – alles was man von einem großen Pomerol erwartet, ist hier zu finden. Der „heimliche“ Petrus?

Zu guter Letzt steht eine Flasche Petrus vor uns: Wie ein Gigant scheint dieser Wein über der gesamten Kollektion zu schweben. Opulent und massiv, generös bis monströs, ein absolut faszinierender Wein, der viele, viele Jahre der Flaschenreife benötigen wird. Kann es locker mit dem vorangegangenen Jahrgang aufnehmen!

Wir beglückwünschen Édouard Moueix, den Sohn von Christian Moueix, zu der überragenden Kollektion, und sind schwer beeindruckt über diese enorme Dichte außergewöhnlicher 2006er Weine.

Es geht wieder zurück ins St. Emilion, zu unserem nächsten Termin auf Cheval-Blanc. Bereits der Petit-Cheval kann ziemlich beeindrucken, viel Kraft und Eleganz, wieder einmal bereits sehr viel Cheval im „kleinen Cheval-Blanc“ – leider in den letzten Jahren auch ein zunehmend sehr teures Vergnügen. Mit dem Grand Vin wird es dann wieder einmal mehr absolut überirdisch. Dem hohen Cabernet-Franc-Anteil von 45% ist es einmal mehr zuzuschreiben, dass sich der Cheval-Blanc in seiner Jugend doch eher zurückhaltend verkosten lässt. Trotzdem bereits ein typischer Cheval im Glas, reintönig, kernig bis samtig mit viel Kraft und Eleganz. Leider mit Sicherheit ebenfalls kein günstiges Vergnügen dieses Jahr.

Unser nächster Termin führt uns zu Alain Vauthier und seinem Château Ausone. In der Regel sind die Weine auf konstant hohem Niveau – dieses Jahr tun wir uns leider etwas schwer mit seinen Weinen. Egal ob Fonbel, Moulin St. Georges, Chapelle d’Ausone oder Ausone selbst – alle Weine sind zwar typisch und authentisch, allen fehlt jedoch der Biss, die Fruchtunterlage und Konsistenz. Das ist umso mehr verwunderlich, da Alain Vauthier auch in schwierigen Jahren mit dem 2002er oder 2004er Jahrgang bereits zum Zeitpunkt der Fassverkostungen wirklich Aufsehen erregende Weine präsentierte. Rene Gabriel beschrieb den Ausone u.a.: „…noch unfertig und doch genial, zu den grossen, wenn auch vielleicht etwas kühl ausstrahlenden Jahrgängen gehörend…“ – da sollten wir mit einer abschließenden Meinung besser auf die Arrivage warten.

Es geht weiter zu Monsieur Perse. Sainte-Colombe macht den Anfang, sehr schönes Extrakt, eine leichte Schärfe/Würze, die dem Wein sehr gut steht. Alles da, so schmeckt ein moderner Côtes de Castillon – und der Preis ist mehr als attraktiv.

Château Pavie Fassmuster

Mit Monbousquet kommen wir dann zu einem typischen Perse Wein – leise Töne sind ihm fremd. Eine rabiate Schärfe durch den Concentrateur dominiert den Wein von vorne bis hinten. Hut ab, wie Gabriel & Co. zu solch einer Gaumenvergewaltigung noch eine detaillierte Verkostungsnotiz schreiben. Dann Pavie-Decesse – Rene Gabriel beschreibt den Wein sehr treffend: „…wie ein einreduzierter Beerencocktail…“. Mit Bellevue Mondotte legt Perse dann noch einen drauf. Von einem Wein mit einem derart geringen Ertrag (18hl) ist in seiner Jugend wenig Finesse zu erwarten – doch dieser Wein ist eher ein medizinisches Elixier. Erinnert an eine Haute-Cotoure-Schau in Paris – wo die Kleider und Models auch kaum etwas mit der breiten Modewelt zu tun haben. Genauso abgehoben ist die Stilistik dieser Weine. Sein bekanntestes Pferd im Stall der Pavie, wurde dieses Jahr erstaunlicherweise relativ wohlerzogen vinifiziert. Natürlich Saft & Kraft im Überfluss, aber auch eine enorme Struktur mit viel Kraft und Extrakt. Für einen Pavie sogar eine gute Balance.

Es geht weiter zum Grafen Neipperg. Wir beginnen mit dem d’Aiguilhe: authentisch und typisch, aber bleibt doch stark hinter dem 2005er zurück. Die Fruchtunterlage gibt sich relativ kühl bis zurückhaltend. Mit Clos de l´Oratoire geht die Sonne auf: saftig und ansprechend in der Struktur, nachhaltig, kernig mit Attitüde. Canon-la-Gaffeliere kann ganz mit der vollen St. Emilion Eleganz punkten. Nachhaltig mit Finesse und Noblesse.

Seit dem 2005er Jahrgang verkosten wir die Weine von Château L’Angelus neben den allgemeinen Verkostungen der Union de Grand Cru immer auch auf dem Château selbst, wo sich fast ausnahmslos alle Weine wesentlich besser präsentieren.

Der Wein ist ein absoluter Traum, Frucht im Überfluss, reichhaltig, natürlich, expressiv, tiefgründig – ein rundum berauschendes Erlebnis. Liegt sehr nahe bei der Qualität des 2005er Jahrgangs – bleibt zu hoffen, dass der Preis wieder auf bezahlbareres Terrain zurückkommt.

Die terminierten Verkostungen sind damit für heute geschafft, und wir freuen uns auf einen entspannten Abend mit Olivia und Neil von Château Masburel. Die Weine präsentieren sich jahrgangstypisch etwas unterhalb des einzigartigen 2005er Jahrgangs. Auch wenn die 2006er Weine nicht die enorme Tiefe und Reichhaltigkeit der Vorgänger haben sind die Weine doch trotzdem typische Masburel-Weine. Der Lady besticht wieder mit seiner jugendlichen Unbekümmertheit und seiner deutlichen Fruchtdominanz. Der Grand Vin gibt sich dagegen wesentlich aristokratischer und vornehmer – Neil vergleicht ihn immer mit einer fiktiven Mischung aus einem Margaux und St. Emilion-Wein. Und der Bolero bleibt seinem Stil treu – weiterhin der Über-Masburel mit allen Attributen des Lady und Château’s. Und das Beste sind mal wieder die absolut fairen Preisen!

Der nächste Tag ist den offiziellen Verkostungen der Union de Grand Cru gewidmet. Wir beginnen mit den Weinen des St. Emilion. Larmande gibt sich sehr adstringent mit einer gehörigen Portion Tannine. La Tour Figeac ist mit einer ordentlichen Portion Frucht ausgestattet und steht für den mustergültigen St. Emilion Wein. Vielleicht liegt es daran, dass ein deutscher, Otto Rettenmeier, hier das Weingut mit deutscher Gründlichkeit führt?

La Dominique hatten wir gestern schon verkostet, wo er uns besser zugesagt hat. Figeac gibt sich wieder mal sehr klassisch und traditionell mit mittlerem Körper und eher burgundischer Eleganz. Dassault besticht mit einer herrlichen Nase, Rumtopf und leicht harschen Tanninen. Dann bestätigt Canon-la-Gaffeliere die Eindrücke des Vortages, und Belair steht auch außerhalb des Mouix’schen Verkostungsraum seinen Mann und braucht sich vor einem Canon-la-Gaffeliere keinesfalls zu verstecken. Beausejour-Becot kommt sehr kräftig und würzig, daher mit einer enormen Portion Tanninen, die die Frucht total überdecken.
Gabriel schreibt: „…ein leicht zu unterschätzender Wein…“. Angelus stellt hier einmal mehr seine enorme Klasse unter Beweis. Dann Pavie-Macquin, dieses Château liegt noch oberhalb von Pavie und profitiert von ähnlich idealen Wachstumsbedingungen. Weniger dramatisch als bei den Perse Weinen gelingt hier der Spagat zwischen traditionellem Terroir im St. Emilion und moderner Vinifikation auf der anderen Seite. Angenehm intensiv und nachhaltig, aber dabei immer wohlerzogen bleibend und die leiseren Töne favorisierend.

Dann noch Troplong-Mondot - kann zwar einem L’Angelus dieses Jahr nicht das Wasser reichen, besticht aber trotzdem mit einer nachhaltig ausgeprägten Frucht, Zartbitterschoko und einer gehörigen Portion Tannine.

Dann ging es weiter zur Unions Verkostung der Pomerol-Weine. Ein warmherziger, sehr offener und zugänglicher Beauregard macht den Anfang. Dann ein „nur“ mittelgewichtiger Clinet, dem etwas das Rückrat fehlt. Ein beeindruckender Gazin – sehr wohlerzogen und elegant (eben typisch Moeuix), trotzdem mit Attitüde und einer fast berauschenden Tiefe. Der Erinnerung nach liegen der Grand Vin und Hospitalet nicht sehr weit auseinander, und der Zweitwein ist aus preislichen Gründen ein echter Top-Buy! Dann La Conseillante: sehr ansprechend, vor allem reichhaltig in der Nase (wurde dekantiert serviert), Rumtopf im Überfluss am Gaumen dann zunächst etwas kühl, dann aber doch generös und wieder Rumtopf. Bleibt zu hoffen, der Preis bleibt auf dem Boden der Realität. La Pointe bleibt seinem eher aristokratischem Stil treu und stellt einen ganz und gar typischen la Pointe zur Verkostung an. Elegant in der Nase, Tabak, mittlerer Körper und einer schönen Fruchtsüße.
Ein zu kalt serviertes Fassmuster von Petit Village bildet den Abschluss: Anflüge von Rumtopf und einer gehörigen Portion Fruchtsüße, aber der Körper bleibt bei dieser Kälte vollkommen auf der Strecke.

Pessac Leognan / Graves

Es geht über die Rocade (den Autobahnring rundum Bordeaux) gen Pessac Leognan / Graves. Bei der dortigen Unions-Verkostung beginnen wir mit Carbonnieux: zwar terroirtypisch im Ausdruck, fehlt es dem Wein aber etwas an Rückrat. Domaine de Chevalier kann da schon mehr überzeugen, mehr Rasse und Kraft zeigen als der Vorgänger. Auch wenn der nicht wirklich als Schnäppchen zu bezeichnen sein wird, ist es zumindest ein absolut mustergültiger Pessac Leognan Wein. Mit einem hinreißendem de Fieuzal geht es weiter: sehr warmherzig und offen, schmeichelnde Fruchtsüße, fehlt lediglich die Fruchtunterlage a la 2003 oder 2005. Dann eine echte Überraschung – Haut Bailly, der hohe Cabernet Anteil (65%) kommt hier bestens zur Geltung und beeinflusst das Cuvee auch geschmacklich maßgeblich. Reichhaltig und intensiv, steht förmlich im Glas. Dann noch ein überzeugender Les Carmes Haut Brion mit einer gehörigen Portion Frucht und massiven Tanninen, das Ganze mit einer sehr anständigen Textur. Von der alphabetischen Reihenfolge der Verkostungstische her gesehen wäre der rote Pape Clement vor dem Smith Haut Lafitte dran gewesen – wir haben die Weine lieber andersherum verkostet: Smith kommt relativ elegant bis geschmeidig, mit äußerst geschliffenen Tanninen daher. Dazu eine ordentliche Fruchtsüße, ein Charmeur.

Dann Pape Clement, Bernard Magrez’s Paradewein. Umzäumt und von der wachsenden Stadt Bordeaux wächst hier nach den Weinen der Dillon Familie hier zweifelsfrei der beste Wein der Appellation. Magrez’s Stil der Vinifizierung liegt irgendwo zwischen Valandraud und Lascombes – dazu die typischen Terroirtöne der Appellation. So auch dieses Jahr ein hinreißender Pape Clement: tief dunkel, wuchtig, mit viel Adstringens. Dann Rumtopf und Zartbitterschoko im Überfluss.

Als nächstes steht der Besuch der Weingüter der Domaine Clarence Dillon auf dem Zeitplan. Mit La Chapelle geht es los, sehr ausgeprägte Tabakaromen dank der neuen Fässer, leicht rauchig, aber auch sehr fruchtbetont. Mal wieder endlich ein Wein, der aus vollreifem gesunden Traubenmaterial gekeltert wurde. Nachhaltig, intensiv, äußerst seidig verpackt mit der typischen Haut Brion-Handschrift. Einfach alles da und eine echte Wonne! Seit diesem Jahr gibt es keinen La Tour Haut-Brion mehr! Da die Gebäude schon vor Jahren verkauft wurden, fehlte dem Wein das zugehörige Weingut – somit entschloss sich Delma,s die Trauben je nach Qualität im La Mission oder dem vorgenannten Zweitwein La Chapelle zukommen zu lassen. Als nächsten Wein verkosten wir den Bahans Haut Brion, seines Zeichens Zweitwein des Haut-Brion. Erwartungsgemäß gibt sich dieser Wein wesentlich aristokratischer und finessenreicher. Die Eleganz und Struktur ist da, aber der Wein hat nicht die Fruchtunterlage eines La Chapelle – nur die Jahre können zeigen, welchem Wein zu erst die Puste ausgehen wird. Wir kommen zum La Mission Haut-Brion: sehr intensiv, reichhaltig und wuchtig in der Nase. Am Gaumen setzt sich das fort, und der Wein besticht mit seinem Nuancenreichtum und Volumen. Ein absolut großer Wein mit Kraft par excellence, zwar kein 2005er, aber immerhin sehr dicht dran! Dann Haut-Brion, analog den Zweitweinen ein aristokratischer Wein „wie er im Buche steht“. La Mission und Haut-Brion trennt nur eine Straß,e umso mehr faszinierend, wie die unterschiedlichen Terroirs die Weine prägen. Der absolute Grand Vin, elegant und unnahbar. Am Gaumen zuerst wuchtig und elegant bis ausdrucksstark, zieht sich der Wein wie eine Schnecke zurück ins schützende Häuschen. Über dieses einmalige Duo entstehen jedes Jahr aufs Neue kontroverse Gespräche, welcher der beiden Weine nun besser ist. Diese Frage zu beantworten ist auch dieses Jahr nicht ganz einfach, da sich zum jetzigen Zeitpunkt der La Mission so unheimlich reichhaltig und generös präsentiert. Andere Verkoster hingegen bevorzugen den eleganteren und aristokratischeren Haut-Brion mit Hinblick auf eine sehr lange Phase der Reifung.

Nach dieser Verkostung fahren wir noch auf einen Sprung bei Pape Clement vorbei, um uns noch einen Überblick über die gesamte Magrez-Kollektion zu verschaffen. Mit La Tour Carnet hat Magrez einen ehrlichen und günstigen Haut-Medoc im Köcher. Mit Fombrauge ist er auch im St. Emilion vertreten: steht maskulin im Glas, kompakt und nachhaltig, mit sehr viel Kraft und Ausdruck. Dann die B-Probe von Pape Clement selbst, welche bereits für sich genommen einen Besuch auf dem Château rechtfertigt. Hier kann uns der Wein sogar noch mehr überzeugen als auf der Unionsverkostung.

Medoc

Die nachfolgende Verkostung holt uns schonungslos und knallhart auf den Boden der Tatsachen zurück. La Fayance ist ein Veranstaltungsort im Süden von Bordeaux, direkt an der Gironde gelegen, in einem sehr alten morbiden Industrie- / Gewerbegebiet. Der Verkostungsraum ist eine Halle in einem Industriedenkmal mit geschätzten 500qm. Hier präsentieren sich alle bürgerlichen Gewächse aus allen Appellationen des Medocs. Ohne Schicki-Micki und ohne großes Aufsehen stehen hier jeweils so +/- 50 Weine auf sehr großzügigen Holztischen. Der Vorteil solch einer Verkostung ist ganz klar das Tempo, mit dem man hier verkosten kann. Natürlich geht es bei der Verkostung von Fassmustern nicht wirklich um Bestzeiten – aber auf der anderen Seite kann man sich nicht länger als evtl. eine Minute mit einem Wein auseinandersetzen, wenn das zu bewältigende Angebot aus über 200 verschiedene Gewächsen besteht.

Um Ihnen an dieser Stelle unzählige kritische und meist sehr ähnliche Verkostungsnotizen zu ersparen, erlauben wir uns zu pauschalisieren. In der Regel zeigen die bürgerlichen Gewächse ein sehr gutes Bild eines Jahrgangs, da die Winzer meist nicht über einen Stab hoch bezahlter Berater und eine luxuriöse Kellerausstattung verfügen und somit mit ihren Weinen wesentlich mehr den Launen der Natur ausgesetzt sind. Die Regel „kleine Weine aus großen Jahrgängen und große Namen aus kleinen Jahrgängen“ hat sich einmal mehr bewahrheitet. Nachstehende Weine verkosten sich alle sehr oberflächlich, spröde, mit mittlerem Körper, bzw. wird dieser von sehr harschen Tanninen extrem überdeckt. Im Glas wirken die Weine unwirsch im Vordergrund, hart, aber ohne Kraft und Struktur und die nötige Fruchtunterlage. Evtl. werden die Weine bei der Arrivage nach entsprechender Reifung hier noch zulegen und sich besser präsentieren – zum jetzigen Zeitpunkt erinnern sie aber mehr an eine fiktive Mischung aus dem 2001er und 1997er Jahrgang. Die besseren Weine dieser Verkostung sind: Cambon la Pelouse, Charmail, Citran, Meyre, Reysson, Escurac, Petit-Bocq, Phelan Segur und Pibran.

Der nächste Tag beginnt mit einem Besuch bei der sympathischen Madame Gasqueron auf ihrem Château Calon-Segur im St. Estephe. Der Wein präsentiert sich äußerst zugänglich bis warmherzig, fleischig, leicht animalisch am Gaumen, kann zwar mit dem 2005er nicht mithalten, aber trotzdem sehr nachhaltig und anständig strukturiert. Ein typischer, terroirbetonter Calon-Segur, der auch ohne die Dramatik eines 2003er oder 2005er Jahrgangs viel Freude bereiten wird.

Es geht gen Süden, der nächste Termin ist bei der Familie Delon auf Leoville-las-Cases. Potensac macht den Anfang, ansprechend bis gefällig, eher klassisch und elegant.

Clos du Marquis überzeugt mit einer würzigen Nase, saftiger Frucht und einer herzergreifenden Eleganz. Dann das Paradepferd der Familie Delon Leoville Las Cases mit sehr viel Würze und einer hinreißenden Tiefe. Man vergleicht den Wein mit dem 1986er Jahrgang. Absolut terroirtypisch, besticht der Wein mit seiner Tiefe und Frucht. Obgleich der Wein nicht über die Opulenz eines 2005er oder 2003er Jahrgangs verfügt, steht der Wein wie ein Fels in der Brandung.

Als nächstes treffen wir Lilian Barton und beginnen mit dem Langoa Barton, sehr satt und funkelnd im Glas, viele dunkle Früchte und eine massive Struktur. Eher klassisch vinifiziert unter Respekt des Terroir. Erinnert an den 2002er Jahrgang. Leider hat der Langoa in den letzten Jahren preislich zu seinem großen Bruder dem Leoville Barton aufgeschlossen – insofern lässt sich leider nicht mehr von einem Schnäppchen reden, denn auch Lilian weiß, das sie in den letzten Jahren auch qualitativ zum großen Bruder aufgeschlossen hat.

Dann Leoville Barton selbst – mal wieder DER St. Julien des Jahrgangs. Frucht, Terroir Ausdruck hier stimmt einfach alles auf den Punkt. Reichhaltig, tiefgründig, facettenreich und generös. Chapeau Lilian!

Verkostung auf Ch. Pichon Baron

Wir bleiben noch im St. Julien, und der nächste Stop ist auf Ducru Beaucaillou. Wir verkosten einen nahezu majestätischen Ducru-Beaucaillou. Bereits in der Nase eine große Eleganz und an ein Premier Cru erinnernde Noblesse. Am Gaumen dann sehr kompakt und unnahbar, dazu sehr reintönige Terroirnoten und äußerst finessenreich. Ein absolut großer Ducru-Beaucaillou.

Unser nächster Termin führt uns zu Pichon Baron, und wir beginnen unsere Verkostungen mit dem Zweitwein Les Tourelles. Bereits dieser Zweitwein vermag uns mit seinen ausgeprägten Terroirnoten zu überzeugen. Relativ stark im Ausdruck und nachhaltig für einen Zweitwein.

Dann Pichon Baron selbst mit einer sehr nachhaltigen Nase, opulenter Frucht am Gaumen, Rumtopf und einer großartigen Balance. Das Château bleibt seinem Stil treu und hat auch mit diesem Jahrgang mal wieder ein mustergültiges modernes zweites Gewächs abgeliefert.

 

Château Pichon Comtesse de Lalande

Wir wechseln nur die Straßenseite und sind auf Château Pichon Comtesse de Lalande. Vor kurzem hat die bisherige Eigentümerin erst die Weichen für die Zukunft gestellt und das Weingut an das Champagnerhaus Roederer veräußert. Vor dem Hintergrund der schwierigen und strengen französischen Erbschaftssteuergesetze sowie mangels einer direkten Nachfolge in der Familie sah sich die Eigentümerin zu diesem Schritt gezwungen, um ihr Lebenswerk (neben Pichon-Comtesse Lalande auch Bernadotte sowie ein Weingut in Südafrika) als Ganzes zu erhalten.

Der Wein selbst gibt sich wesentlich aristokratischer als der vorangegangene Pichon Baron. Auch die direkte Nachbarschaft zu Château Latour und die Neigung der Weinberge gen Gironde kommen hier nicht so zur Geltung wie z.B. bei einem Latour oder dessen Nachbarn Leoville Las Cases aus der Appellation St. Julien. Obgleich der Wein dekantiert serviert wird, erscheint uns die Nase relativ gemacht, am Gaumen fehlen dann die Tiefe und der Ausdruck für das zweite Gewächs, das hinter vorgehaltener Hand manchmal als Aspirant auf den Status eines ersten Gewächses gehandelt wird.

Bei unserem nächsten Termin sind wir auf Mouton-Rothschild beim ersten Premier Cru zu Besuch. Mit d’Armailhac geht es los – sehr ordentlich und gradlinig vinifiziert, reintönig und auch delikat, dazu die Handschrift der Mouton Equipe….why not.

Mit Clerc Milon wird jetzt alles dichter, intensiver und kompakter. Besticht mit einer herzergreifenden Finesse und Souplesse.

Bei dem Grand Vin scheiden sich die Geister - während das Château ganz selbstsicher den 2006er Jahrgang vor dem 2005er sieht und sogar mit dem 1986er vergleicht, sprechen die Bewertungen von Parker & Co. eine andere Sprache. Zweifelsfrei ist der 2006er ganz Premier Cru, sprich, es gibt Eleganz und Substanz im Überfluss aber die wirklich herausragende Tiefe und Konsistenz, um den Wein mit einem so einmaligen Jahrgang wie dem 1986er zu vergleichen, sehen wir nicht. Hier heißt es mal wieder auf die Arrivage zu warten.

Als nächstes widmen wir uns den Weinen des St. Julien und begeben uns auf eine allgemeine Verkostung der Union de Grand Cru. Brane Cantenac macht den Anfang. Wunderschöne Fruchtsüße und leicht mollig mit guter Textur. Dann ein hochfeiner Cantenac Brown, dem es aber an der Substanz etwas fehlt. Während diese Zeilen entstehen, hat das Château bereits den Preis seines 2006er Jahrgangs veröffentlicht und weltweites Kopfschütteln verursacht.

Dann ein leicht enttäuschender du Tertre, zwar fleischig, aber auch metallische Töne und zu schwach im Ausdruck. Schade eigentlich - gelang es dem Château doch auch unter widrigen Bedingungen mit dem 2002er oder auch 2004er, durchaus überzeugende Weine abzuliefern.

Château Lascombes

Der aus gleichem Eigentum stammenden Giscours macht da schon mehr Spaß: bereits in der Nase sehr ausgeprägt finessenreich und relativ kraftvoll. Am Gaumen dann Frucht und Struktur auf den Punkt, für den Jahrgang ein sehr respektabler Wein. Dann ein ebenfalls überzeugender Kirwan mit schöner Margaux-Typizität. Auch Lascombes bleibt seinem Stil der letzten Jahre treu und vermag einmal mehr einen ausgezeichneten Wein anzustellen. Leider in den letzten Jahren zu einem teuren Vergnügen geworden, steht der Wein für den modernen Margaux.

Mit Malescot-St-Exupery kommen wir zu einem für uns merkwürdigen Wein. Stilistisch folgt der Wein einem vinologischen Zeitgeist, den wir eigentlich schon hinter uns gelassen haben. Diese „gemachten“, konzentrierten Weine treffen eher den Geschmack von Parker & Co. als den des Terroir-Weinfreundes, der hier die typischen Margaux -Terroirnoten hinter einer massiven Tanninwand nur vermuten kann.

Ganz anders dann der Monbrison: herzergreifende, terroirtypische Frucht, schöne Adstringens, gute Länge und saftig. Dann noch ein ebenfalls überzeugender Rauzan Segla. Anflug von Rumtopf, reichhaltig Cassis und eine stimmige Portion Würze, das ganze fest und kompakt mit einer guten Länge. Chapeau!
Bei unserem nächsten Termin auf Château Margaux beginnen wir mit dem Pavillon Rouge. Sehr reintönig und eine sehr pure Frucht und nachhaltig. Klasse Balance und absolut stimmig.

Der Grand Vin besticht mit seiner typischen Eleganz und Reichhaltigkeit. Pure Seide mit Schmelz und Saft, dazu eine ganz feine Würze und nicht enden wollende Frucht. Auch wenn die absolut generöse Tiefe der ganz großen Jahrgänge fehlt - ein großartiger Margaux. Während diese Zeilen geschrieben werde,n ziehen in Sachen Preis leider düstere Wolken auf…

Unser nächster Stopp führt uns zur allgemeinen Unions-Verkostung der Appellation St.Julien, dort beginnen wir mit Beychevelle: recht ansprechend, nachhaltige Struktur, aber die Tiefe im Gesamten fehlt doch merklich. Dann ein sehr dunkler und intensiver Branaire Ducru mit viel Substanz & Kraft. Folgt dem neuen Stil und sollte weiter beobachtet werden.

Mit Lagrange kommen wir zu einem typischen und vor allem auch sehr konstanten St. Julien:
Tiefgründig, komplex, reichhaltig und ansprechend strukturiert. Zartbitterschoko mit leicht trockenen Tanninen im Abgang. Auch Leoville-Poyferre kann überzeugen. Schöne Adstringens, steht maskulin im Glas, eine knackige Portion Tannine steht mit der Frucht im Einklang.

Bei selbiger Verkostung werden auch die Weine der Appellationen Pauillac und St. Estephe präsentiert. Wir nehmen uns Haut-Bages Liberal vor. Relativ wuchtig bis intensiv, mit einer gehörigen Portion Würze und Tannine ein rundum mustergültiger Haut-Bages Liberal.

Dann ein klassischer Lynch-Bages mit Attitüde. Viel Frucht und Eleganz, aber auch Kraft, sehr ausgeprägte Terroirnoten und ein finessenreiches Finish.

Mit Pontet Canet verkosten wir einen zunehmend ernst zu nehmenden Wein. Der 2006er Jahrgang folgt beeindruckend der neuen Stilistik der jüngeren Jahrgänge. Sehr tiefgründig und maskulin im Glas, expressiv, dicht und sehr charaktervoll. Obgleich dem Wein die leisen Töne vollkommen abgehen, sollte zumindest einer der jüngeren Jahrgänge in keiner Sammlung fehlen.

Mit dem Phelan Segur kommen wir zum donnernden Finale dieses Verkostungs-Termins.
Auf den ersten Blick gibt sich der Wein relativ kühl bis abweisend, um den Gaumen dann beeindrucken zu überrollen. Sehr tiefgründig, charaktervoll, finessenreich, aber auch leicht ruppig. Dieser Wein wird erst in einigen Jahren auf der Flasche sein ganzes Potenzial zeigen.
In seiner Preisklasse ganz oben auf dem Treppchen. PS: Oh, welch Wunder, seit dem 2006er Jahrgang hat Michel Rolland hier seine Finger mit im Spiel!

Château Latour Fassmuster

Unser nächster Eintrag im Terminplan schickt uns zu Château Latour. Der „einfache“ Pauillac macht den Anfang – vergleichbar mit vorangegangenen Jahren die ganz und gar typische Pauillac/St. Julien bereits in der Nase. Am Gaumen blitzsauber und deutlich Cabernet geprägt.
Leider wird der Wein nicht in Subskription verkauft, und wir müssen uns noch etwas gedulden…

Mit Les Forts de Latour wird es dann deutlich nachhaltiger und wuchtiger. In der Regel wird dieser Wein von dem einzigartigen Terroir geprägt. Leider mischen sich dieses Jahr etwas leisere Töne darunter. Das Château hat kürzlich erst 10ha Weinberge von Larose-Trintaudon gekauft und diese erstmalig dem Les Forts de Latour zukommen lassen. Eventuell wäre man besser beraten gewese,n diese Weine dem Pauillac de Latour zuzuschlagen. Wir gehen mal davon aus, dass die Latour-Equipe die Weinberge in den nächsten Jahren dort nach deren Maßstäben auf Vordermann bringt und es dadurch zu keiner weiteren „Verwässerung“ mehr kommt.

Mit dem Grand Vin leistet sich das Château dieses Jahr natürlich keine Patzer. Absolut generös bereits in der Nase, eben der Grand Vin par excellence! Unbändige Kraft und Extrakt beeindruckend finessenreich verpackt. Gehört zur absoluten Spitze des Jahrgangs, erinnert an den 2004er Jahrgang. Ein wenig maskuliner oder aristokratischer als der Stil der Jahrgänge zwischen 2000 und 2005.

Es geht weiter gen Norden zu Château Lafite-Rothschild. Der Zweitwein Carruades de lafite macht den Anfang. Sehr reintönige Pauillac-Eleganz mit Typizität und deutlichen Terroirnoten.

Dann kommt Duhart-Milon an die Reihe. Wesentlich zurückhaltender als der Carruades, gibt sich der Wein wesentlich aristokratischer und nuancenreicher. Leicht maskulin, bleibt abzuwarten, wie er sich auf der Flasche präsentiert.

Mit einem sehr vielschichtigen Lafite-Rothschild geht es weiter. Für den Jahrgang relativ viel Druck, komplex, seidige Eleganz, aber eben auch wieder zurückhaltend bis aristokratisch. Ein in sich ruhender Lafite, der evtl. erst nach vielen Jahren der Lagerung seine wahre Größe zu zeigen vermag. Aufgrund des zu erwartenden Preises ein wohl eher luxuriöses Unterfangen.

Wir ziehen weiter zu Château Montrose. Beim Betreten des Verkostungsraumes bemerkt man sofort, dass hier ein neuer Wind weht. Zwischen unserem letzten Besuch und der aktuellen Verkostung hat das Weingut den Besitzer gewechselt. Die neuen Eigner haben sich fast zeitgleich mit Tronquoy-Lalande ein weiteres Weingut im St. Estephe einverleibt.
Während die Verkostungen früher recht formlos im Stehen stattfanden, erinnert die aktuelle Präsentation an eine Verkostung auf Haut-Brion. Man sitzt an einem großen u-förmigen Tisch, und jeder einzelne hat vor sich die verschiedenen Weine und Wasser und einen Ausgussbehälter stehen.

Montrose selbst besticht mit einer schönen Würze in der Nase, sehr viel Terroirnoten, leicht maskulin in der Nase. Am Gaumen dann sehr ausgeprägt, gute Balance, ansprechend strukturiert. Die Gerbstoffe sind bestens eingebunden. Es ist eigentlich alles da – es fehlt lediglich die Kraft und der überragende Ausdruck des 2005er Jahrgangs, den wir dieser Tage als Referenz leider nicht aus unserem Kopf verbannen können.

Ganz bewusst haben wir uns nach Montrose einen Termin auf Château Cos d’Estournel geben lassen, um diese beiden Ausnahme-Châteaux der Appellation St. Estephe auf Augenhöhe zu verkosten. Der Vergleich konnte kaum deutlicher ausfallen – Cos deklassiert nicht nur alle Weine der Appellation St. Estephe, sondern ist unserer Meinung nach das beste zweite Gewächs des Medoc! Ein Brocken im Glas, enorm viel Substanz, Schwarzkirsche und Zartbitterschoko im Überfluss. Man könnte meinen, wir hätten den „fertigen“ 2005er im Glas.
Am Gaumen wuchtig, fett, substanziell und intensiv, dabei auch reichhaltig, generös und finessenreich. Chapeau Monsieur Prats!

Unser letzter Termin führt uns zurück in irdische Gefilde. Auf der letzten Union de Grand Cru Verkostungen stehen die Weine der Appellation Haut-Medoc auf dem Programm. Mit Beaumont beginnt die Talfahrt: eine schöne ausgewogene Frucht, mittlerer Körper, zwar reintönig, aber Ausstrahlung suchen wir vergebens.

Aber Belgrave vermag wieder an die überragenden Jahrgänge der Vergangenheit anzuschließen: Eine sehr reintönige Frucht, substanziell, gute Adstringens mit der passenden Fruchtunterlage – eigentlich alles sehr stimmig: ein klassifiziertes Gewächs, modern vinifiziert, dem Zeitgeist folgend und trotzdem einen seriösen Preis. So gesehen der perfekte Wein um die Bordeaux Vorurteile aus dem Weg zu räumen.

Der nächste Wein ist zumindest preislich gesehen dass absolute Gegenteil – der La Lagune kostet mal eben das Doppelte im Vergleich zum Belgrave. Obgleich der Wein wirklich besser als der Belgrave ist, stimmt die Preisrelation leider nicht mehr. Als nächstes La Tour Carnet aus dem Magrez-Portfolio (Pape Clement): sehr intensiv und würzig, Zartbitterschoko, saftig und kraftvoll. Klasse.

Den Abschied macht dieses Jahr dann Chasse-Spleen: sehr fleischig, animalisch mit einer schönen Substanz und einer gehörigen Portion Tannine die den Wein stützen.

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